Texte im Netz

Urheberrechtsklage gegen ProSieben

“ … werden wir unserem Herrn Mandaten empfehlen, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.“ Die Ankündigung des Münchner Rechtsanwalts Georg Romatka an den Privatsender ProSieben stammt aus dem Spätsommer letzten Jahres – und nun, im Mai ist es so weit: Dann wird wohl eine der größten Urheberrechtsklagen einer Einzelperson vor Gericht landen: Auf vorläufig geschätzte 750.000 Mark beziffert sich der Streitwert, den der Journalist Fred König für die unberechtigte Weitergabe und Fremdnutzung seiner Filminhaltsangaben verlangt, die er von 1990 und 1997 für ProSieben und zeitweise auch für dessen 100prozentige Tochter Kabel 1 geschrieben hat.6480 Filmsynopsen hat König in diesen sieben Jahren verfaßt – als Freier, ohne schriftlichen Vertrag. Der Verwertungzweck: Filmjournalistinnen und -journalisten auf einen bei ProSieben oder in Kabel1 gesendeten Film aufmerksam zu machen – und diesen zu empfehlen. Von einer anderweitigen als dieser einmaligen Verwertung war nie die Rede.

1997 schlug ProSieben König vor, einen „freien Mitarbeitervertrag“ zu unterschreiben. Dessen Inhalt – unter anderem: die zukünftige Einräumung umfassender Nutzungsrechte. Das war im Mai 1997. Ein Jahr darauf, mit einem Personalwechsel bei ProSieben, endete die Zusammenarbeit.

Entsprechend erstaunt reagierte König, als er im Spätsommer 1998 in verschiedenen Datenbanken und Printmedien Texte fand, die er Jahre vor seinem Mitarbeitervertrag geschrieben hatte. Zum Beispiel bei der Deutschen Mailbox, bei rtv, Tele-Online-Austria, Prisma Online und schließlich auch in der Münchner „Abendzeitung“, die ihre Texte mitunter aus der Schweizer Ringier Datenbank entnimmt – Abnehmer, für die er nie geschrieben hatte.

Darauf aufmerksam wurde König durch einen ärgerlichen Fakt: Er selbst plante den Aufbau einer kostenpflichtigen Datenbank mit seinen Filmsynopsen – und mußte feststellen, daß diese schon fröhlich durchs Netz wanderten. Ein Verlust, den zu beziffern erst noch ansteht.

Per Rechtsanwalt machte König ProSieben und Kabel 1 auf die Verletzung seiner Urheberrechte aufmerksam und wies zudem die Nutzer darauf hin, sich eine Freistellungserklärung von ProSieben zu besorgen. Der „Erfolg“: ProSieben erklärte diesen – aus Königs Sicht nicht korrekt -, man führe Gespräche mit dem Ziel des Einvernehmens. Tatsächlich machte man König von ProSieben-Seite ein Angebot, ein für König inakzeptables Angebot. Einige Nutzer verzichteten auf Königs Texte, andere nutzen sie bis heute. Seit Monaten zieht er täglich seine Texte aus dem Internet, 1340 allein bis Mitte April – und das überwiegend bei Nutzern, die nie seine Abnehmer waren. Bis Mitte Mai, mit Prozeßbeginn, wird diese Zahl um wohl noch einiges angewachsen sein.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »