Werbeverbot?

ver.di im ZDF befragte Parteien zu Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Schleichwerbung im Tatort, Product-Placement in der ARD-Vorabendserie Marienhof, der illegale Verkauf von Berichterstattung über Sportereignisse, das alles hat die öffentlich-rechtlichen Sender in ihre bisher schlimmste Krise gestürzt. Seither wird Werbung und Sponsoring thematisiert und aus den unterschiedlichsten Motiven deren Verbot gefordert.

Von politischer Seite kommt der Vorschlag, der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle grundsätzlich auf Werbung und Sponsoring verzichten. Deshalb wollte ver.di im ZDF von den Parteien wissen, welche Positionen die Parteien zu diesem Thema einnehmen. Wir haben die Vorsitzenden gefragt, ob Werbung und Sponsoring als zusätzliche Finanzierungsquelle für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beibehalten oder abgeschafft werden soll.

Wenn diese Einnahmequelle eines Tages nicht mehr sprudeln soll, werden ARD und ZDF als Konsequenz weniger Geld zur Erfüllung ihres Programmauftrags zur Verfügung haben. Deshalb war die zweite Frage, ob sich die jeweilige Partei in diesem Fall dafür einsetzt, die fehlenden Finanzmittel durch eine entsprechende Anhebung der Rundfunkgebühr auszugleichen.

SPD: Werbefreiheit nicht denkbar

Für die SPD antwortet deren Generalsekretär Klaus Uwe Benneter. Für ihn ist „eine völlige Werbefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sicher nicht denkbar“. Nach Meinung des SPD-Generalsekretärs wären die Öffentlich-Rechtlichen gut beraten, „wenn sie – auch im Sinne ihrer Glaubwürdigkeit – künftig mit weniger Werbezeit und Werbegeldern auskämen“. Ganz werde man auf Werbung und Sponsoring nicht verzichten können, um damit die teuren Sportrechte von Sportveranstaltungen zu finanzieren, schreibt Benneter. Eine Gebührenerhöhung, um Ausfälle bei Werbeeinnahmen auszugleichen, hält die SPD „wegen der mangelnden Akzeptanz für Gebührenerhöhungen schwierig“.

Grüne: kein Werbeverbot

Reinhard Bütikofer, Parteivorsitzender der Grünen, schreibt: „Wir wollen kein generelles Werbeverbot für die öffentlich-rechtlichen Sender. Ein solches würde unweigerlich zu unnötig höheren Gebühren führen.“ Für die Grünen darf im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Werbung und Sponsoring auch in Zukunft im Programm stattfinden, „um die Gebühren für Bürgerinnen und Bürger niedrig zu halten und die Vielfalt und Qualität des Programms zu erhalten“.

FDP: Verzicht auf Werbung

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle fordert eine generelle „Werbefreiheit“ der Öffentlich-Rechtlichen und einen „Verzicht auf Werbung bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten mit Beginn der übernächsten Gebührenperiode ab 1.1.2009“. Sponsoring soll in gleicher Weise – wie Werbung – behandelt werden und der Rundfunkstaatsvertrag sei entsprechend zu ändern. Nach Ansicht von Westerwelle sollen sich die Anstalten „von ihrem kommerziellen Anteil an Einnahmen verabschieden“. Einen Gebührenausgleich lehnt der FDP-Vorsitzende konsequent ab, denn seiner Meinung nach gäbe es ein finanzielles Übergewicht der öffentlich-rechtlichen Sender gegenüber den privaten Rundfunkanbietern, das „bliebe hiernach sogar bei einem kompletten Verzicht auf Werbung erhalten“.

CDU: Nachdenken über Verzicht auf Werbung

Nach Auffassung von CDU-Generalsekretär Volker Kauder leisten sich ARD und ZDF „einen Bärendienst“, wenn sie sich gegen die Forderung eines werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunks aussprechen. Man müsse „darüber nachdenken“, ob sich Transparenz bei der Finanzierung „nicht am besten durch einen Verzicht auf Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk herstellen“ lasse. Klar ist für den Generalsekretär nur: „Einnahmeausfälle können nicht durch Rundfunkgebührenerhöhungen ausgeglichen werden“.

CSU: Positionslos

Generalsekretär Markus Söder, Vorsitzender der CSU-Medienkommission, drückt sich um eine Stellungnahme und schreibt, „mit Blick auf die aktuelle Diskussion über illegale Werbepraktiken im Programm der ARD“ brauche der öffentlich-rechtliche Rundfunk um glaubwürdig zu bleiben „klar ausformulierte enge Grenzen für kommerzielle Aktivitäten im Programm“. Welche das sein sollen, erfährt man aus seiner Antwort nicht.

Linkspartei: Werbung beibehalten

Ähnlich antwortet auch Lothar Bisky, Vorsitzender der Linkspartei: „Die bisherige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus Gebühreneinnahmen und Werbung / Sponsoring sollte auch in Zukunft beibehalten werden.“ Es sei „nicht einzusehen, warum teuer erworbene Pakete in der Sportberichterstattung nicht wenigstens zu einem Teil über Sponsoring und Werbung refinanziert werden sollen“. Öffentlich-rechtliches Fernsehen werbefrei auszustrahlen, klinge wohlfeil, würde aber nach Ansicht von Bisky entweder die Bürger mit höheren Gebühren belasten oder zu einer Reduzierung des Programmangebots führen. „Beides ist nicht hinnehmbar.“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Neues vom Deutschlandfunk

Auch beim Deutschlandfunk wird an einer Programmreform gearbeitet. Es gehe etwa darum, „vertiefte Information und Hintergrund“ weiter auszubauen sowie „Radio und digitale Produkte zusammen zu denken“, erklärte ein Sprecher des Deutschlandradios auf Nachfrage. Damit wolle man auch „auf veränderte Hörgewohnheiten“ reagieren.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »