Die ARD bleibt erhalten –

… aber die kleinen Sender sitzen in der zweiten Reihe

Rundfunkkommission der Länder schlägt Neuregelung des Finanzausgleichs vor

Erhalten statt abschalten. Unter diesem Motto haben mehrere hundert Kolleginnen und Kollegen am 14. Oktober 1999 vor den Staats- und Senatskanzleien für den Erhalt der ARD demonstriert. Mit Pauken und Trompeten, durch kleine Delegationen und Abgesandte oder per Post: alle Staatskanzleien und Regierungschefs haben so die Thesen der IG Medien zur Zukunft von ARD und ZDF erhalten (siehe Seite 8). Selbstverständlich auch die Medien. Dort war der Nachhall denkbar gering. Wann immer es um die eigenen Belange geht, ist man dort merkwürdig zurückhaltend. Positiv reagierten die für die kleinen Rundfunkanstalten wie Radio Bremen (RB), Saarländischer Rundfunk (SR) und Sender Freies Berlin (SFB) zuständigen Politiker. Immerhin, es ging ja auch um den Erhalt „ihrer“ Landesrundfunkanstalten.

Zur Debatte stand am 15. Oktober beim Treffen der Rundfunkkommission der Länder unter dem Stichwort Finanzausgleich die Zukunft der ARD. Nach dem Treffen in Bonn war der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, Vorsitzender der Kommission, zufrieden und sprach „von einem großen politischen Erfolg.“ In einer ersten Reaktion zeigten sich auch die Regierungschefs des Saarlandes und Berlin – beide CDU – durchaus zuversichtlich. Wesentlich skeptischer reagierte man im Bremer Rathaus und bei Radio Bremen. Zu Recht. Zwar wird der Finanzausgleich nicht abgeschafft, wie insbesondere Stoiber dies forderte, als er mit Biedenkopf zum Generalangriff auf die ARD blies, aber ein Etappenziel ist erreicht: Das Machtgefüge innerhalb der ARD verschiebt sich. Bei gewichtetem Stimmrecht sitzen die kleinen ARD-Anstalten zukünftig in der zweiten Reihe. Die Politik konnte nicht zuletzt mit Hilfe „ihrer“ Leute in den Anstalten trotz Gebot der Staatsferne verstärkt Druck ausüben.

Erinnern wir uns: Unter maßgeblichem Vorsitz des MDR-Intendanten Udo Reiter hatten die ARD-Intendanten seinerzeit selbst auf Druck der Politik einen Vorschlag zum Abbau des Finanzausgleichs gemacht. Der hätte für die kleinen Anstalten ein Ende auf Raten bedeutet. Zu Recht kann der ARD-Vorsitzende Peter Voß jetzt den veränderten Kompromiß begrüßen. Zu ihrem 50-jährigen Jubiläum bleibt der ARD erspart, das Ende ihrer föderalistischen Struktur erleiden zu müssen. Schwere Einschnitte und einen Verlust an Programmvielfalt wird es aber zukünftig geben.

Die Finanzausgleich in Höhe von gegenwärtig 186 Millionen Mark wird bis Ende 2006 auf ca. 100 Millionen (einschließlich der erwarteten Rundfunkgebührenerhöhung) abgeschmolzen. Ab 1. Januar 2001 bereits auf 160 Millionen. Das bedeutet insbesondere für Radio Bremen und den Saarländischen Rundfunk schmerzhafte Einschnitte. Heinz Glässgen, der neue Intendant von RB, spricht von einer außerordentlich schwierigen Lage: „Es ist davon auszugehen, daß sowohl beim Programm als auch beim Personal tiefe Einschnitte unumgänglich werden.“ Auch der SR steht vor einem drastischen Arbeitsplatzabbau. Laut „Saarbrücker Zeitung“ müssen wegen des reduzierten Finanzausgleichs etwa 200 der gegenwärtig 750 Stellen abgebaut werden. SR-Intendant Fritz Raff, der in einer ersten Reaktion im Schulterschluß mit dem neuen Regierungschef Peter Müller (CDU) den Beschluß der Rundfunkkommission noch begrüßt hatte, will sämtliche Programme auf den Prüfstand stellen. Sowohl im Hörfunk als auch im Fernsehen werde man „auf die eine oder andere Sendung verzichten müssen.“ Horst Schättle, Intendant des SFB, zeigte sich zufrieden über die weitere Beteiligung seines Senders am Finanzausgleich, betonte aber, daß die Hoffnung auf eine bedarfsgerechte Finanzierung sich nicht erfüllt habe. Da liegt der Hase im Pfeffer. Für den Preis eines Linsengerichtes wird eine schwere Schädigung des Föderalismus und Beeinträchtigung der Vielfalt in Kauf genommen.

Die 186 Millionen Mark Finanzausgleich ab 2001 machen gerade 2,2 Prozent des ARD-Nettogebührenaufkommens aus. Das sind keine Peanuts. Aber die Frage stellt sich, ob eine Summe dieser Größenordnung auf Basis der Einheitsgebühr nicht auch zukünftig für ein qualitatives Gemeinschaftsprogramm der ARD zur Verfügung stehen kann. Arbeitsplatzabbau in dramatischem Ausmaß zu Lasten der Beschäftigten, des Programms und damit auch der Zuschauer würden erspart bleiben. Das aber ist politisch trotz aller Bekenntnisse für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wohl nicht gewollt.
Wenn der Pulverrauch des jüngsten Kampfes verweht ist, wird sich zeigen, daß das neue Schlachtfeld schon vorbereitet ist. Die erste Attacke wurde wieder auf den Münchener Medientagen geritten. Die Werbefinanzierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bleibt weiterer Streitpunkt. Die Höhe der Rundfunkgebühren – bedarfsgerechte Finanzierung her oder hin – bleibt Druckmittel der Politik. Angesichts der Verknüpfung von Internet und Fernsehen hat Stoiber darüber hinaus gefordert, über eine Pauschale oder Steuer statt Rundfunkgebühren nachzudenken. Der CDU-Vorsitzende von Baden-Württemberg, Günther Oettinger, stieß ins gleiche Horn. Er sprach von einer „Bürgerabgabe“. Mit diesem Sprachduktus wird den Gegnern spezifischer Regelungen für den Rundfunk das Wort geredet. Auf europäischer Ebene gibt es schon länger massive Bestrebungen, den Rundfunk nicht als Kulturgut, sondern als eine Ware oder Dienstleistung wie jede andere zu betrachten.


 

«Die Großwetterlage wird beeinflußt von Sturmwolken, die aus dem Süden und Südosten in Richtung der Funkhäuser im Saarland, Berlin und Bremen ziehen. Aufgekommen sind die Tiefdruckgebiete in Bayern und Sachsen und in Bremen wehren sich tapfere Sonnenstrahlen mit Hochdruck dagegen und wollen sich nicht unterkriegen lassen.

Die weiteren Aussichten für morgen:
Der Bürgermeister von Bremen hat steifen Gegenwind eingepackt und setzt sich damit gegen die Sturmwolken aus dem Süden durch. Ein Hochdruckgebiet wird die Sendestrahlen von Radio Bremen wieder ungehindert an die Bürger weiterleiten.»


„Hammelmanns Wetter“, fester Programmbestandteil bei „buten und binnen“ für das Wetter am Wochenende. Diesmal gab es bei der Aktion in Bremen eine medienpolitische Fassung


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