Angriffslyrik

Ein Richter ist ein Richter ist ein Richter. Ein Rechtsanwalt ist ein Rechtsanwalt ist ein Rechtsanwalt, und ein Journalist ist ein Journalist. Wenn Krieg ist, weiß der Journalist, dass alle Beteiligten nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Propaganda kämpfen.

Eine solche Propaganda ist zum Beispiel, wenn man tote Greise, Frauen und Kinder bei Ratschak Opfer eines Massakers nennt. Wenn man dann dieses Massaker zum Anlass nimmt, die Menschenrechte zu beschwören und Völkerrecht und Grundgesetz dahinfahren lässt, um die Anrichter dieses Massakers mit einer humanen Militäraktion zu bestrafen bzw. zu richten. Die Anrichter dieses Ratschak-Massakers waren Serben, und deren Propaganda wies auf fehlende Untersuchungen, fehlende Schmauchspuren, fehlende Kompetenz eines US-Militärs und skeptische Äußerungen der Leiterin einer UN-Untersuchungskommission hin. Die traute sich nämlich, „das persönlich nicht Massaker zu nennen.“ Aber wie das so ist mit Propaganda: Die eine Seite macht sie für die gute Sache, und die andere Seite macht sie für die schlechte. Die NATO und ihre verbündeten kämpfen für das Free-Enterprise-System, das Wohlbefinden der Anteilseigner und die Menschenrechte der Utscheka. Die Serben hingegen waren immer schon Serben, sind auch mal Kommunisten gewesen, sind nach wie vor serbisch-orthodox und haben es bisher nicht fertig gebracht, sich des Gangsters Miloschewitsch zu entledigen. Die wackeren Chilenen hingegen haben seinerzeit, hingebungsvoll von der NATO unterstützt, den Gangster Pinochet, kaum hatte er sich an die Macht geputscht, gleich wieder zum Teufel gejagt. Und mit den Kroaten und dem Gangster Tutschman war es genauso. Das alles muss ein Journalist wissen, und wenn er sein Handwerk ausübt, darf er dieses Wissen nicht vernachlässigen. Ein Angriffskrieg ist ein Angriffskrieg ist ein Angriffskrieg. Und wenn Angriff die beste Verteidigung der Menschenrechte ist, dann sei es so. Völkerrecht hin, Grundgesetz her. Wenn aber die „vordergründig reine Wahrheit“ Angriffskrieg hintergründig die Gefahr von Verfassungsbruch und Verstoß gegen das Völkerrecht ins Spiel bringt, wenn sie die Menschenrechte der Albaner und der Strauchdiebe von der Utscheka denen der Serben gegenüberstellt, dann sei das auch so. Ein Journalist ist ein Journalist, aber ein Intendant ist ein Intendant ist ein Intendant. Wenn der und seine Weisungshierarchen Handwerk Handwerk sein lassen und den einen Schaum, jenem überfliegenden Professor Hace aber die NATO-Lyrik von Militärmission und Vergeltungschlag vorm Hirn stehen, dann hat das durchaus Hand und Voß. 

Weitere aktuelle Beiträge

Mehr Vielfalt statt Einfalt im TV

Die vielfach ausgezeichnete Britcom „We Are Lady Parts“ über eine islamische Mädchen-Punkband in London ist eines der vielen Beispiele von „Diversity“-Formaten, die in der Coronazeit einen regelrechten Boom erlebten. Die neue zweite Staffel der Comedy war vor kurzem für den renommierten Diversify TV Awards nominiert. Deutsche Anwärter waren diesmal nicht vertreten.
mehr »

WDR mit Altersgrenze

Ist eine Beendigung der Tätigkeit beim WDR aus Altersgründen eine Diskriminierung? Diese spannende juristische Frage könnten Gerichte mit Hilfe des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) klären. M sprach mit einem Arbeitsrechtler, der eine Klage von Betroffenen auf Schadenersatz für „nicht aussichtslos“ hält.
mehr »

Rassismus in den Kommentarspalten

Wenn Redaktionen in ihren Social-Media-Posts mit reißerischen Fragen und Generalisierungen arbeiten, kommen aus der Leserschaft häufiger rassistische Kommentare als wenn die Journalist*innen Kontext liefern. Das ist ein zentrales Ergebnis des Monitoring-Projekts „Better Post“, das die Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM) im September 2021 mit ihren Partnern im „Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz“ starteten, denn: „Rassismus darf kein Clickbait sein“.
mehr »

Presserat regelt Interessenkonflikte neu

Redaktionen müssen Interessenkonflikte ihrer Mitarbeiter*innen bei der Berichterstattung vermeiden oder diese zumindest der Leserschaft gegenüber offenlegen. Das Plenum des Deutschen Presserats hat die bisherige Ziffer 6 im Pressekodex entsprechend aktualisiert. Nach der neuen Richtlinie 6.1 sollen auch persönliche Beziehungen strikt von der journalistischen Tätigkeit getrennt oder zumindest offengelegt werden, wenn sie Zweifel an der Unabhängigkeit der Berichterstattung wecken können.
mehr »