Deutsche Welle klagt gegen türkische Regierung

Michel Friedmann (l.) interviewt für die DW den türkischen Sprotminister Akif Cagatay Kilic in Ankara Foto: DW/M.Martin

Der Streit zwischen der Deutschen Welle und dem türkische Minister für Jugend und Sport, Akif Cagatay Kilic um beschlagnahmtes Videomaterial geht nun in Ankara vor Gericht. Die Auseinandersetzung dauert bereits drei Wochen. Unmittelbar nach der Aufzeichnung eines TV-Interviews für die DW-Sendung „Conflict Zone“ mit Michel Friedman in Ankara am 5. September 2016 ließ der Minister das Videomaterial konfiszieren. Zwei Fristen für die Herausgabe sind seitdem verstrichen. Stattdessen wird die Beschlagnahme vom türkischen Ministerium bestritten.

Die Themen des aufgezeichneten Interviews waren dem Minister vorab mitgeteilt worden. Es ging unter anderem um den Putschversuch im Juli, die darauffolgenden Massenentlassungen und Verhaftungen sowie die Lage der Presse. Nach dem Interview habe der Minister den Raum verlassen und der Pressesprecher teilte mit, dass das Material nicht gesendet werden dürfe. Der Speichership der Kamera dem TV-Team abgenommen.

„Dieser Vorgang hat mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun“, verurteilte DW-Intendant Peter Limbourg das Vorgehen der türkischen Behörden. „Wir fordern die türkische Seite nun auf dem Rechtsweg zur unverzüglichen Herausgabe unseres Videomaterials auf“, so der Intendant auf der DW-Website in eigener Sache.

Der Rundfunkrat der DW unterstützt diesen Schritt ausdrücklich.  „Wir treten für die uneingeschränkte Freiheit der Presse ein. Die Türkei ist mit Europa eng verbunden. Das bringt aber auch die Achtung von demokratischen Grundprinzipien wie der Pressefreiheit mit sich. Hier müssen vergleichbare Standards gelten. Es ist sehr beunruhigend, dass die Deutsche Welle gezwungen ist, vor Gericht auf die Herausgabe ihres Interviews mit einem türkischen Minister zu klagen“, erklärte dazu der Vorsitzende des Rundfunkrates, Prälat Karl Jüsten.

Die Bundesregierung habe Verständnis für das Vorgehen der DW geäußert, heißt es weiter. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, die Regierung akzeptiere die Entscheidung der DW, „das zu tun, was sie in Ausübung ihrer Rechte für richtig hält“. Die Bundesregierung hatte sich bereits vor eineinhalb Wochen in den Streit eingeschaltet und die Forderung der DW auf Herausgabe des Materials unterstützt. Auch die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner, bezeichnete epd zufolge den juristischen Weg als richtig. Jedoch, kritisierte sie, fehle bislang „ein Zeichen von höchster Stelle der Bundesregierung. Diese wichtige Angelegenheit muss zur Chefsache werden.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Meta will sich nicht verpflichten

Kurz nach Veröffentlichung des freiwilligen KI-Verhaltenskodex hat Meta als erster Konzern entschieden, den Kodex der Europäischen Kommission nicht zu unterzeichnen. Der US-Konzern hinter Facebook und Instagram kritisiert den Vorschlag als rechtlich unsicher, überreguliert und innovationsfeindlich. Ein politisch bedenkliches Signal.
mehr »

Verhandlungen sind keine Selbstbedienung

Leider funktionieren Tarifverhandlungen nicht nach dem Supermarktprinzip, man kann nicht einfach ins Regal greifen und sich herausholen, was man sich wünscht. Am ehesten stimmt der hinkende Vergleich noch, wenn es ans Zahlen geht: Umsonst bekommt man nämlich auch bei Tarifverhandlungen nichts. Was auf der anderen Seite allerdings auch bedeutet: Hängt man sich richtig rein, dann lohnt sich das meistens.
mehr »

Tarifeinigung bei Tageszeitungen 

In der zehnten Verhandlungsrunde haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für Redakteur*innen bei Tageszeitungen geeinigt. Der Tarifeinigung waren bundesweit in 36 Verlagen und Redaktionen Streiks vorausgegangen, die zuletzt bis zu sechs Tage angedauert haben.
mehr »

Streik bei TiKTok in Berlin

Rund 150 Beschäftigten der Trust and Safety-Abteilung (Content-Moderation) von TiKTok und einem Teil der Beschäftigten aus dem Bereich TikTok-Live (rund 15 Beschäftigte) in Berlin droht die Kündigung. Das  chinesische Unternehmen plant die Content-Moderation künftig verstärkt durch Large-Language-Models (Künstliche Intelligenz) ausführen zu lassen und die Arbeit an andere Dienstleister auszulagern. Dagegen protestierten vor der TikTok-Zentrale in Berlin Beschäftigte und Unterstützer*innen. Ein Warnstreik folgte.
mehr »