Folter als Arbeitsmethode

Spanien vom Europäischen Gerichtshof verurteilt

Spanien wurde im Oktober vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt, den Direktor der Baskischen Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria zu entschädigen. Nach seiner Verhaftung und der Schließung der Zeitung 2003 war Spanien auch der Folteranzeige von Martxelo Otamendi nicht nachgegangen. Das Land habe die Menschenrechtskonvention verletzt, wonach „niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen“ werden dürfe, heißt es im Urteil.

Otamendi zeigte sich „zufrieden“, Gerechtigkeit gefunden zu haben. Doch Bitterkeit bleibt: „Es ist billig in Spanien zu foltern“, sagte der Direktor der neuen Zeitung Berria (Nachricht) mit Blick auf die 24.000 Euro Schadensersatz. „Statt Folter zu untersuchen und zu verhindern“, zahle Spanien lieber. Die Folter sei „vorhersehbar“, dafür werde die Kontaktsperre nach dem Antiterrorgesetz genutzt, wenn der Beschuldigte weder Kontakt zu seinem Anwalt noch zur Familie hat. „Folter ist eine Arbeitsmethode“ in Spanien, deshalb würden Folterer weder angeklagt noch verurteilt.
Die Straßburger Richter haben gefordert, es müssten „spezielle Maßnahmen“ ergriffen werden, um Folter und Misshandlung zu verhindern. Otamendi hatte vorgebracht, er und seine Kollegen seien mit Plastiktüten nahe an den Erstickungstod gebracht worden, er habe Schläge auch in die Genitalien, andere Misshandlungen und Scheinhinrichtungen erlitten. Seit Jahren fordert auch die Anti-Folter-Kommission der Vereinten Nationen die Abschaffung der Kontaktsperre. Zumindest soll die Zeit lückenlos auf Video aufgezeichnet werden, in der eine Person isoliert ist, um Übergriffe zu verhindern oder verfolgen zu können.
Drei Mal in nur zwei Jahren wurde Spanien in Straßburg wegen Folter verurteilt. Erstmals wurde aber die spanische Justiz direkt für ihre „Passivität“ bei Folteranzeigen gerügt. Angesprochen wurde der Ermittlungsrichter Juan Del Olmo, der auch die illegale Zeitungsschließung der einzigen Tageszeitung in baskischer Sprache angeordnet hatte. Es sei „nicht hinnehmbar“, Anzeigen zu ignorieren, Betroffene weder zu hören noch bewachende Beamten zu verhören, heißt es im Urteil. Dass fünf Journalisten gefoltert worden waren, wurde praktisch auch vom Nationalen Gerichtshof in Madrid anerkannt. Als er die Angeklagten 2010 vom Vorwurf freisprach, Mitglieder der Untergrundorganisation ETA zu sein, mussten ihre Geständnisse verworfen werden, welche die Guardia Civil unter Folter erpresst hatte.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

Trump: Angriff auf kritische Medien

Donald Trump hat schon im Wahlkampf angekündigt, US-Medien, von denen er sich kritisiert und angegriffen sieht, auszuschalten, sollte er gewählt werden. Von welchen Möglichkeiten er dabei unter anderem Gebrauch machen kann, hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) in einem Beitrag aufgeführt. Es zeigt sich: Trumps Drohungen sind alles andere als unrealistisch. Und sein Vorbild für diese sitzt in Europa.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »