Das Jahr geht zu Ende – und auch meine Hoffnung, dass die Medien sich nicht weiter treiben lassen von rechter Hetze im Netz und konservativer Abschottungspolitik. Wie bei der Berichterstattung über die „Kölner Silvesternacht” im Januar, so funktioniert es auch jetzt im Dezember im Fall des Freiburger Studentinnenmords: Eine Straftat wird in den Asyldiskurs gepresst, den konservative Kräfte nutzen, um Stimmung gegen Geflüchtete zu machen und Abschiebungen durch Gesetzesverschärfungen zu erleichtern. Wie kann man da gegensteuern und ethisch Kurs halten?
Die ARD-Nachrichten haben es versucht: Am 3. Dezember berichteten sie nicht über die Pressekonferenz in Freiburg, bei der die Ermittler einen 17-jährigen afghanischen Flüchtling als mutmaßlichen Mörder einer deutschen Studentin präsentierten. Ihnen wurde unterstellt, das Ereignis aus politischen Gründen zu verschweigen. Dabei haben sie sich zu Recht an den Pressekodex gehalten, der eine identifizierende Berichterstattung bei minderjährigen Straftätern untersagt. Am 5. Dezember knickte ARD-Aktuell ein und berichtete auch, da „der Fall nun eine politische Dimension bekommen hat”.
Nach Beschwerden wegen der „Köln”-Berichterstattung stand mit Richtlinie 12.1. das Antidiskriminierungsgebot zur Disposition, aber der Presserat hält glücklicherweise daran fest. Doch in den Medien geht die Angst um, Stammkundschaft zu verlieren. So hat die Sächsische Zeitung nach einer Umfrage in der Leserschaft verkündet, die Herkunft von Straftätern immer zu nennen. Die Rhein-Zeitung gab bekannt, eigene Richtlinien zu entwerfen, da die Ziffer 12.1 des Presserats „aus der Zeit gefallen” sei.
Eine solche ethische Kursverschiebung kann rassistische Ressentiments bedienen und damit auch neue Zielgruppen verprellen, die es doch zu gewinnen gilt – etwa die mittlerweile 21 Prozent der deutschen Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte, die mit ihren Ängsten vor Rassismus genauso ernst genommen werden wollen wie die „besorgten Bürger” im Lande. Sie sollten in der Presse nicht immer nur als Problem, sondern als zum deutschen Alltag gehörig präsentiert werden, verlangen die Neuen deutschen Medienmacher, ein Zusammenschluss von Journalist_innen mit und ohne Migrationshintergrund, der sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzt. Noch klingen die Forderungen, die sie jüngst auf ihrem Bundeskongress formulierten, wie Wünsche: „Mut” zu neuen Zielgruppen, es ist Zeit, über eine Quote „zu reden”.
Hilft Reden noch in einer Zeit, in der jeder knallhart seine Privilegien verteidigt? Muss man da nicht klare Ansprüche politisch einfordern, auch wenn es um mediale Teilhabe geht? Denn wir leben in einer Mediengesellschaft, in der Berichterstattung demokratische Entwicklungen befördern oder behindern kann.
Mein Wunsch für 2017: Passen wir auf, dass nicht noch mehr Medienboote nach rechts abdriften und sich vom Sirenengeheul der „besorgten Bürger” gefährlich nah an die Klippen des Rassismus locken lassen! Verteidigen wir den Pressekodex und fordern wir mehr Vielfalt in den Medien!