Ende zäher jahrelanger Streiks und Verhandlungen
Nach vier Jahren Tarifauseinandersetzung zwischen der CinemaxX AG und ver.di konnte am 19. Dezember kurz vor Mitternacht ein Verhandlungsergebnis erzielt werden. Dieses gilt für alle etwa 2.000 Mitarbeiter des Unternehmens. Wobei etwa 40 % der Belegschaft mittlerweile nach den willkürlich von CinemaxX festgelegten Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen arbeitet. Für diese Mitarbeiter konnte nun erstmals ein Tarifschutz vereinbart werden. Für alle anderen wurden die bisherigen Tarifregelungen weitgehend unverändert wieder in Kraft gesetzt.
Innerhalb der kommenden vier Jahre werden die Löhne stufenweise angehoben und in 2011 angeglichen. Erste Angleichungsstufen finden bei Urlaubsdauer und Jahressonderleistung, statt. Der Urlaubsanspruch steigt von jetzt 20 Urlaubstagen auf 21 in 2008 und bis auf 24 Tage in 2011. Zudem wird eine Jahressonderleistung von zunächst 75 Euro in 2008, 150 Euro in 2009 und 2010 und 300 Euro in 2011 gezahlt.
Stufenweise Lohnerhöhung
Für Beschäftigte, die noch nach dem nachwirkenden Tarifvertrag eingestellt wurden (Altbeschäftigte), gibt es keine materiellen Einschnitte in die Tarifleistungen. Dies bedeutet aber auch, dass es außer beim Lohn am Ende der 48 Monate noch eine Differenz bei Urlaub, Jahressonderleistung und Mindestschichtlänge zwischen Alt- und Neubeschäftigten geben wird – der Preis für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit. Zum Beispiel für eine jetzt eingestellte Servicekraft, steigt damit der Lohn von aktuell 6,50 auf 8,50 Euro ab September bis 2011 stufenweise an, was einer Erhöhung des Tariflohns um 30 % entspricht. Zugleich steigt der Lohn für eine Servicekraft mit einem Lohn von jetzt 7,98 Euro ebenso auf 8,50 Euro, was 6,5 % entspricht. Im Verhandlungsverlauf wurde klar: Eine stärkere Lohnsteigerung für die Altbeschäftigten hätte im Gegenzug bedeutet, dass eine Lohnangleichung für alle nicht mehr zu erreichen gewesen wäre.
Vor allem Studenten unter den Kinomitarbeitern können künftig für Praktika oder ähnliches bis zu sechs Monate unbezahlten Urlaub nehmen, ohne kündigen zu müssen. Eine für alle Servicekräfte wirkende Regelung zum Bereichswechsel lässt zukünftig zu, dass innerhalb einer Schicht nach vorheriger Dienstplanung der Arbeitsbereich gewechselt werden kann. Die Befristungsquote für Arbeitsverträge pro Betrieb steigt auf 23 %.
Dieses Gesamtergebnis ist der Schlusspunkt unter eine über vier Jahre andauernde Tarifauseinandersetzung, die beide Tarifparteien von Anfang an sehr scharf geführt haben. Es gab über 250 Streikaktionen in vielen CinemaxX-Betrieben. Besonders engagiert hatten sich die Kolleginnen und Kollegen in Bremen und Göttingen mit phantasievollen und hartnäckigen Aktionen. Die Einigung im Dezember ist aber auch denjenigen in Trier, Bielefeld, Oldenburg, Hannover, Göttingen, Hamburg, Kiel und Berlin zu verdanken, die auch zu Streiks im Weihnachtsgeschäft bereit gewesen wären. „Von großer Bedeutung war, dass die Kinostreiks immer im direkten Kundenkontakt stattfanden und deshalb jede/r Streikende auch Öffentlichkeitsarbeit gegen Niedriglöhne und Tarifflucht betreiben konnte. Vielfach machten Kinobesucher, nachdem sie sich über die Streikziele informiert hatten, auch kehrt und solidarisierten sich mit den Streikenden“, schätzte Tarifsekretär Matthias von Fintel ein.
„Individuell rechnet sich das Ergebnis für viele wohl nicht als Erfolg. Doch ohne das Engagement wäre es sicherlich bei der Tarifflucht von CinemaxX geblieben“, so von Fintel. „Und es ist durchaus ein Erfolg, dass wir mangels eines gesetzlichen Mindestlohnes mit tarifpolitischen Mitteln Lohnkonkurrenz und faire Löhne schrittweise erreichen konnten. Denn diese Auseinandersetzung spielte sich eben genau in jener Zone zwischen Entsendegesetz- und Mindestlohnbedingungen ab. Wirklich hilfreich wäre hier ein klarer branchenübergreifender gesetzlicher Mindestlohn gewesen. Nun bezahlen langjährige Kinobeschäftigte mit nach wie vor niedrigen Einkommen die Schaffung existenzsichernder Löhne für ihre jungen Kolleginnen und Kollegen in Zukunft.“ Letztlich sei es gelungen, sich als Solidargemeinschaft gegen einseitige Lohnsenkungen durchzusetzen, gegen die jeder allein sich nicht hätte wehren können!
Positive Signale
Das Tarifergebnis ist inzwischen von den ver.di-Tarifgremien durchaus kontrovers debattiert und schließlich einstimmig angenommen worden. Auch das Kinounternehmen stimmte nach einer nochmaligen Verlängerung der Erklärungsfrist bis zum 8. Februar dem Abschluss zu. Damit tritt rückwirkend zum 1. Januar 2008 nach vier Jahren erstmals wieder ein Tarifvertrag in Kraft.
Tarifinfo zum Ergebnis unter http://tinyurl.com/33xc3o