Der Bundestag hat ein Gesetz zur Neuregelung des Bundesarchivrechts beschlossen. Danach müssen Bundesbehörden ihre Unterlagen nach spätestens 30 Jahren dem Bundesarchiv anbieten – nur der Bundesnachrichtendienst (BND) nicht. Die Journalistenorganisationen DJV, dju in ver.di und Netzwerk Recherche hatten die Streichung dieser „großzügigen Sonderregeln“ für die Geheimdienste gefordert.
Im Mai 2016 hatte die Bundesregierung ihren Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts (BT-Drucksache 18/9633) auf den parlamentarischen Weg gebracht. Reformbedarf ist vorhanden, denn das bisher geltende Bundesarchivgesetz stammt aus dem Jahr 1988 und ist seitdem nicht wesentlich aktualisiert worden. Allerdings werden durch die Gesetzesreform Informationsfreiheit und journalistische Recherche beeinträchtigt.
Denn nach dem neuen § 6 des Gesetzes müssen Nachrichtendienste ihre Unterlagen dem Bundesarchiv in Koblenz – auch nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (BT-Drucksache 18/10813) nur noch zur Archivierung anbieten, „wenn sie deren Verfügungsberechtigung unterliegen und zwingende Gründe des nachrichtendienstlichen Quellen- und Methodenschutzes sowie der Schutz der Identität der bei ihnen beschäftigten Personen einer Abgabe nicht entgegenstehen.“
Dies führe dazu, dass Unterlagen Dritter standardmäßig nicht herausgegeben werden müssen, heißt es in einer Analyse des Netzwerks Recherche. „Angesichts der sehr restriktiven Ansicht von dritten Diensten oder bei nicht mehr existenten Diensten (MfS) wird eine Freigabe regelmäßig nicht erfolgen.“ Diese Unterlagen seien aber für das Verständnis der Akte unerlässlich, sowohl aus journalistischer wie historischer Sicht.
Gegenüber „Bild“ kritisierte auch der Chef des Bundesarchivs, Michael Hollmann, die Ausnahmeregelung für BND und Verfassungsschutz und nannte sie einen „Misstrauensbeweis“ gegenüber seinem Archiv. Ebenso forderte die Bundesbeauftragte für Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff (CDU), den Passus zu Geheimdiensten zu streichen. Sie konnte sich aber bei den eigenen Parteifreunden nicht durchsetzen.
„Auch der Geheimdienst muss sich demokratischer Kontrolle und Transparenz beugen“, betonte Cornelia Haß, Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di in der Pressemitteilung der drei Journalistenorganisationen. „Es gibt keinen Grund für eine BND-Klausel im Gesetz“. Der Forderung nach Streichung der Sonderklausel für Geheimdienste folgte der Bundestag aber nicht. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD wurde das Gesetz am 19. Januar 2017 gegen die Stimmen der Grünen bei Enthaltung der Linken beschlossen.