Alles in Bewegung

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ARD-Sportberichterstattung im medialen Wandel

Der Verlust der Olympia-Übertragungsrechte für 2018 – 2024, generell die steigenden Preise und der verschärfte Wettbewerb auf dem Sportrechtemarkt bereiten den öffentlich-rechtlichen Anstalten immer größere Kopfschmerzen. Unter dem Motto „Alles in Bewegung. ARD-Sportberichterstattung im Wandel“ trafen sich unlängst (am 20./21. Februar) auf einer Fachtagung in Leipzig ARD-Gremienvertreter und Programmmacher zu einer aktuellen Bestandsaufnahme.

Für ARD und ZDF endete das Sportjahr 2016 mit einer schlechten Nachricht. Die Olympischen Winterspiele 2018 im südkoreanischen Pjöngjang werden definitiv ohne die öffentlich-rechtlichen Anstalten stattfinden. Die Verhandlungen über Sublizenzen scheiterten an zu hohen finanziellen Forderungen des US-amerikanischen Rechteinhabers Discovery Networks. Bei der ARD will man nun beobachten, wie die Discovery-Tochter Eurosport im nächsten Jahr mit der neuen Aufgabe fertig wird. „Danach werden alle Beteiligten analysieren, ob und in welcher Form das erfolgreich war, und wenn das nicht zu erfolgreich war, kann es ja sein, dass dort noch mal Gespräche stattfinden können“, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Die ARD bleibe jedenfalls gesprächsbereit.

Grund zur Sorge bestehe allemal. Die Preisexplosion auf dem Sportrechtemarkt und der Marktzutritt potenter Wettbewerber erschwere es den öffentlich-rechtlichen Anstalten immer mehr, in Zeiten knapper werdender finanzieller Ressourcen attraktive Rechtepakete zu erwerben. So geschehen auch unlängst bei der Handball-WM in Frankreich, als ARD und ZDF in der Auseinandersetzung mit dem Rechteinhaber aus Katar den Kürzeren zogen.

Immer mehr internationale, aber auch nationale große Medienkonzerne entdeckten den Sport für sich als wichtigen Treiber für die Entwicklung ihrer Unternehmen. Angesichts gedeckelter Sportetats der öffentlich-rechtlichen Anstalten – bei der ARD liegt die Grenze bei 250 Millionen Euro pro Jahr – erhöhe sich der Druck: „Wir können kein strategisches Geld im Sport ausgeben wie diese Unternehmen“, so Balkausky, „insofern werden wir uns damit sehr intensiv auseinandersetzen müssen“.

Aber auch jenseits von Großevents wie Olympischen Spielen und Fußball-Welt- bzw. Europameisterschaften bleibt für die ARD noch ein großes Berichterstattungsspektrum. Anders als öffentlich vielfach wahrgenommen ist der Sport in der ARD keineswegs eine Fußball-Monokultur. An die 50 Sportarten werden gewürdigt. In der Leichtathletik beispielsweise, so berichtete Ralf Scholt, Sportchef des Hessischen Rundfunks, habe sich eine Redaktion im vergangenen Jahr aufgrund der zugespitzten Wettbewerbssituation speziell dem Speerwurf der Frauen gewidmet. Unter Einbeziehung von Sportlerinnen, Trainer_innen, Funktionär_innen und Kampfrichter_innen habe man Basisarbeit zum Verständnis der Disziplin geleistet. Und dadurch gleichzeitig für eine spannende Inszenierung gesorgt. Bei so komplexen Sportarten wie der Leichtathletik, wo viele Disziplinen gleichzeitig stattfinden, gehe es darum, für eine „angemessene mediale Umsetzung“ zu sorgen. Knifflige Frage für die Programmgestalter_innen: „Welche Dramaturgie, welcher Spannungsbogen ist am besten geeignet, den Wettkampf abzubilden und die Zuschauer emotional zu beteiligen?“

Auf die neuen Fun- und Action-Sportarten spezialisiert hat sich dagegen PULS, der digitale Jugendkanal des Bayerischen Rundfunks. Als Homebase dienen logischerweise die Alpen; Je nach Jahreszeit geht es mal vom Free-Skiing bis zum Snowboard, mal vom Downhill-Biken und Klettern bis zum Skaten. Seit 2015 gibt es das Projekt Playground, bei dem Extremsportarten crossmedial präsentiert werden. Und zwar, wie PULS-Programmchef Thomas Müller erläutert, „jenseits der Hochglanzbilder eines bekannten österreichischer Brauseherstellers“. Auf Playground berichtet ein Team von fünf jungen Sportler_innenn zwischen 14 und 25 in V-Logs, also Online–Videotagebüchern, über seine sportlichen und Alltagserfahrungen. Der Sender sorgt für die crossmediale Vernetzung dieser Geschichten. „Auf diese Weise kann eine wachsende Community tatsächlich über einen längeren Zeitraum ein bisschen an diesen Erfahrungen teilhaben“, sagt Müller.

Die Berichterstattung über Schattenseiten des Sports, namentlich die immer zahlreicher anfallenden Doping-Skandale, wurde lange auch innerhalb der ARD nur mit spitzen Fingern angefasst. Spätestens seit der Gründung einer speziellen Doping-Redaktion 2007 unter Federführung des WDR hat sich das grundlegend geändert. Aufgrund von ARD-Recherchen unter der Leitung des Reporters Hajo Seppelt wurde vor den letzten Olympischen Spielen in Rio das Staatsdoping-System in Russland entlarvt. Seppelt erneuerte in Leipzig seinen Vorschlag, analog zur rechtspolitischen Redaktion der ARD auch eine sportpolitische Redaktion einzurichten. Ein Vorschlag, den er bereits auf der medienpolitischen Tagung von ver.di/DGB im November 2016 eingebracht hatte und für den auch Sportkoordinator Balkausky einige Sympathie äußerte. Doping, Wettbetrug und Korruption einerseits, aber auch Leistungs- und Freizeitsport, Selbstoptimierung und Gesundheitswesen andererseits –  angesichts der enormen Themen- und Problemfülle sei es längst überfällig, die ARD auch journalistisch entsprechend aufzustellen. Seppelt: „Eine solche Redaktion ist nötig, um der immensen gesellschaftspolitischen Bedeutung des Sports gerecht zu werden.“

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