Stimme des Südens

Nach Telesur entsteht in Venezuela das „Radio des Südens“

Die Medienpolitik gewinnt zunehmend an Bedeutung für die linksgerichteten Staaten Lateinamerikas. Nach der Gründung des multistaatlichen Fernsehsenders Telesur Mitte 2005 hat Ende Februar dieses Jahres eine neue internationale Radiostation ihren Sendebetrieb aufgenommen. Wie schon Telesur soll auch das Radio des Südens (Radio del Sur) die politischen und wirtschaftlichen Integrationsprozesse unterstützen.

Anders als der Kanal Telesur, der von sieben Staaten Lateinamerikas und der Karibik getragen wird, ist das Radio des Südens ein rein venezolanisches Projekt. Produziert wird das Programm vom staatlichen venezolanischen Rundfunk. Man wolle, so verkündete Staatschef Hugo Chávez bereits in der Planungsphase Ende 2009, über die Geschichte und Kultur der beteiligten Regionen aufklären helfen. Dazu gehört nicht nur Südamerika, sondern auch die Karibik – und Afrika. Auf dem zweiten Gipfeltreffen südamerikanischer und afrikanischer Staaten (ASA-Gipfel) Ende Oktober vergangenen Jahres wurden mehrere Kooperationsverträge unterzeichnet. Die Programme werden seither mit Algerien, Angola, Äquatorialguinea, Benin, Gambia und Libyen ausgetauscht, weitere Staaten Afrikas sollen folgen. In Asien sind die Sendungen bereits in China, Iran und Vietnam zu empfangen.

Die Gründung der neuen internationalen Radiostation ist auch Teil einer umfassenden Strategie zur Demokratisierung der Presselandschaft. Radio del Sur setzt nicht auf Kooperationen mit großen Sendern, sondern das Programm soll von Basis- und kommunalen Radios übernommen werden. Über 100 Stationen waren nach Angaben der Sendeleitung zu Beginn des Testprogramms eingebunden. Dazu gehört etwa die unabhängige Station „La Luna“ in Ecuador, die eine entscheidende Rolle bei sozialen Protestbewegungen in den vergangenen Jahren gespielt hat. Ein ähnliches Beispiel ist die Station La Tribu aus Argentinien, wie das deutsche Internetportal amerika21.de berichtete. In Venezuela selbst existieren bislang gut 400 kommunal verwaltete Basisradios. Zahlreiche dieser Sender sollen das Programm von Radio del Sur übernehmen. Mittelfristiges Ziel sei es, einen mehrsprachigen Korrespondentenstamm in Lateinamerika. Asien und afrikanischen Staaten aufzubauen, hieß es aus der Senderleitung.
„Die Station wurde auch als Instrument der politischen Integration ins Leben gerufen“, sagt auch die Direktorin des venezolanischen Staatsradios RNV und Verantwortliche für Radio del Sur, Helena Salcedo, die gleichermaßen ein Informations- und Unterhaltungsprogramm anstrebt. Das Vorhaben sei seit zwei Jahren geplant worden, so Salcedo weiter, so lange hätten die Verhandlungen mit Sendern in den Staaten des Südens gedauert. Die gemeinsame Basis sei die gleiche Geschichte der beteiligten Staaten: Die Länder haben bis heute mit den Folgen der Kolonialisierung zu kämpfen.
Nach einem mehrmonatigen Testbetrieb eröffnete Venezuelas Präsident Hugo Chávez den Sendebetrieb offiziell Ende Februar mit einem Liveprogramm aus einem Theatersaal in Caracas. Im Beisein mehrer hundert Zuhörer vor Ort ließ er sich mit seinen Amtskollegen in Argentinien, Christina Fernández, Bolivien, Evo Morales, und Nicaragua, Daniel Ortega, verbinden. Es handele sich bei „Radio del Sur“ um ein „außergewöhnliches Vorhaben“, stellte der Staatschef fest. Die Station werde beweisen, dass der Süden auch als eigenständige politische Einheit existiere.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Spanien: Als Terrorist beschuldigt

Der katalanische Investigativjournalist Jesús Rodríguez hat Spanien verlassen, um ins Exil in die Schweiz zu gehen. Ihm wird von Ermittlungsrichter Manuel García-Castellón die Unterstützung terroristischer Akte vorgeworfen. Die Schweiz sieht im Vorgehen der spanischen Justiz gegen den Katalanen einen „politischen Charakter“.
mehr »

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »

RSF: Vertrauen Sie der freien Presse!

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wählt in diesem Jahr ein neues Staatsoberhaupt oder eine neue Regierung, Regional- oder Kommunalpolitiker. Gleichzeitig begeht die deutsche Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF) ihr 30-jähriges Bestehen. Grund genug für die Kampagne „Erste Worte“. Unterschiedliche Menschen hören Auszüge aus den Antrittsreden ihrer Präsidenten: Wladimir Putin aus dem Jahr 2000, Nicolás Maduro aus dem Jahr 2013 und Recep Tayyip Erdogan 2014.
mehr »

Italien plant harte Strafen für Journalisten

Italien plant eine Reform seines Verleumdungsgesetzes. Das Vorhaben wird derzeit vom Justizausschuss des italienischen Senats geprüft und sieht neben höheren Geldstrafen auch ein gefährliches Verbot journalistischer Berufsausübung vor. Verurteilte Reporter*innen könnten ein Arbeitsverbot von bis zu sechs Monaten erhalten. Auch Haftstrafen für Medienschaffende, die eigentlich nicht im Gesetz auftauchen sollten, werden in einem jüngsten Änderungsantrag wieder hinzugefügt.
mehr »