Streik beim Tagblatt kann länger dauern

Die Macher_innen des Obermain-Tagblatt sind sich einig: Sie streiken für mehr Wertschätzung. Foto: ver.di

Beim Obermain-Tagblatt in Lichtenfels wird erneut gestreikt. Seit vielen Monaten kämpfen Redaktion und Verlagsangestellte für bessere Bezahlung. ver.di will die Anerkennung des bayerischen Flächentarifes für die Verlagsbeschäftigten durchsetzen, der Bayerische Journalisten Verband unterstützt die Forderungen der Redakteur_innen nach einem Haustarifvertrag.

Die 21 Beschäftigten des oberfränkischen Regionalblattes sind die ganze Woche im Warnstreik. Auch in der nächsten soll der Ausstand weitergehen. „Die Kolleginnen und Kollegen sind ständig im Landkreis auf Achse, werben um Unterstützung bei Bürgermeistern und Vereinen, sammeln Unterschriften, die Ende September bei der Muttergesellschaft in Augsburg übergeben werden sollen“, berichtet Bernd Bauer von ver.di. Seit Monaten machen die Tagblättler ihre Aktionen öffentlich. Die Leser bekämen sonst auch wenig davon mit: Die Lokalberichterstattung im Obermain-Tagblatt mit 11000 Exemplaren Auflage wird derweil vom Mitbewerber „Fränkischer Tag“ übernommen.

Die Redakteur_innen machen geltend, dass sie seit zehn Jahren keine Gehaltserhöhungen bekommen haben. Damals war das seit 160 Jahren erscheinende Regionalblatt noch in Familienbesitz. Seit der Übernahme durch die Würzburger Main-Post 2012 wurde das Team in Lichtenfels von 56 auf kaum mehr als 20 Personen geschrumpft. Die Verbliebenen wollen ihre Arbeit besser wertgeschätzt sehen.

Annette Körber und Till Mayer (vorn) von der Tagblatt-Redaktion waren monatelang mit politisch begründetem Schreibverbot belegt.
Foto: Herbert Steiner

Im Zuge der Auseinandersetzungen hatte die Geschäftsführung der Main-Post-Tochter MPO Medien GmbH Würzburg zeitweilig sogar Redakteure mit Maulkorb versehen und ihnen Außendiensttermine mit Lokalpolitikern untersagt. Auch Abgeordnete des Bayerischen Landtages und Lokalpolitiker appellierten daraufhin an den Chef der Muttergesellschaft, der Mediengruppe Pressedruck Augsburg, „vor dem Hintergrund der ordentlichen Gewinne des Unternehmens“ auch mit den Beschäftigten „ordentliche Verhandlungen zu führen“. Sie stehen noch immer aus.

Die Verlagsbeschäftigten, die bei ver.di organisiert sind, wollen durchsetzen, dass für sie Mantel- und des Gehaltstarifvertrag für Angestellte im bayerischen Zeitungsgewerbe gelten. Die Streikbereitschaft ist ungebrochen. „Notfalls ziehen wir das noch wochenlang weiter durch“, versichert Gewerkschafter Bauer.

Weitere aktuelle Beiträge

Was tun gegen defekte Debatten

Das Land steckt in der Krise und mit ihm die Diskussionskultur. Themen wie Krieg und Pandemie, Migration und Rechtsextremismus polarisieren die politische Öffentlichkeit. In ihrem Buch „Defekte Debatten: Warum wir als Gesellschaft besser streiten müssen“ suchen Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin an der FU Berlin und Korbinian Frenzel, Journalist und Redaktionsleiter Prime Time bei Deutschlandfunk Kultur, nach Auswegen aus der diskursiven Sackgasse.
mehr »

Content, Streaming und Transformation

Medienkonvergenz erfordert neue Geschäftskonzepte und eine funktionierende Infrastruktur. Doch beides ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Wie? Das wurde auf einer der weltgrößten Telekommunikationsmessen diskutiert: Der Anga Com in Köln. Auf der Kongressmesse für Breitband, Fernsehen und Online wird auch das neue Digitalministerium in die Pflicht genommen.
mehr »

Breiter Protest gegen Radiokürzungen

Als die Bundesländer im vergangenen September Reformvorschläge für ARD, ZDF und Deutschlandfunk vorgelegt haben, war klar: Diese beinhalten starke Kürzungen. Die ARD-Häuser müssen im Auftrag der Politik über die Verringerung von Radiowellen entscheiden. Die Anzahl der regionalen Hörfunkprogramme in der ARD soll demnach von rund 70 Wellen auf 53 sinken. Dagegen regt sich breiter Protest.
mehr »

Filmtipp: Code der Angst

Der Filmemacher Appolain Siewe spürt in seinem Film „Code der Angst“ der Ermordung des kamerunischen Journalisten Eric Lembembe nach. 2013 wird der junge Journalist und LGBTI*-Aktivist Lembembe in Kamerun ermordet. Dieses und weitere Verbrechen gegen Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, lassen Appolain Siewe keine Ruhe. Der Filmemacher ist in Kamerun geboren und aufgewachsen und lebt heute in Berlin.
mehr »