Im Berliner Zoo Palast wurde am Freitagabend zum sechsten Mal der Deutsche Schauspielpreis vergeben. Mit dem ver.di-Preis „Starker Einsatz“ wurde der Synchronschauspieler Marcus Off ausgezeichnet. Den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk erhielt die 73jährige Hanna Schygulla. Der Ehrenpreis Inspiration ging in diesem Jahr an ARD und ZDF. Die Laudatio hielt Außenminister Sigmar Gabriel.
Schauspielerpreis wird zum Schauspielpreis
Der Deutsche Schauspielerpreis heißt künftig Deutscher Schauspielpreis. Mit dieser Bekanntmachung eröffneten die Moderator_innen Nadine Heidenreich und Walter Sittler am 22. September die feierliche Gala im Zoo Palast in Berlin. Und auch sonst solle der Abend ganz unter dem Meta-Thema der Würdigung der Frau stehen, kündigte Sittler an. Denn dass in dieser Hinsicht noch so einiges an Nachholbedarf bestehe, habe nicht zuletzt die erst kürzlich veröffentlichte Studie zur Audiovisuellen Diversität in Deutschland gezeigt, ergänzte die Synchronschauspielerin Heidenreich, die auch das Vorabendmagazin ZiBB im RBB moderiert.
So war es denn in diesem Jahr auch eine Frau, die den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk erhielt. Mit Hanna Schygulla würdigte die Jury nicht nur eine Schauspielerin, sondern die Muse „einer ganzen Generation, die sie mit ihrer überirdischen Schönheit und ihrem melodiösen Idiom zum Träumen verführt hat“. Sie sei schon immer mehr gewesen als die stilprägende Ikone des Mammutwerkes von Rainer Werner Fassbinder, hieß es in der Begründung. Nicht weniger bewegend war die Ehrung der kürzlich im Alter von 92 Jahren verstorbenen Schauspielerin Sigrid Marquardt in der Kategorie „Starker Auftritt“. Ihr Sohn, der den Preis für sie entgegennahm, zeigte sich berührt, dass seine Mutter „nicht nur in meinem Herzen, sondern auch in dem ihrer Kolleginnen“ einen Platz habe.
Weitere Preisträger_innen waren unter anderem Jutta Hoffmann in der Kategorie „Beste Schauspielerin in einer Hauptrolle“ und Karl Markovicz in der Kategorie „Bester Schauspieler in einer Hauptrolle“. Den Preis für das „Beste Ensemble“ erhielt die Besetzung der ARD/WDR-Improvisation „Wellness für Paare“, darunter die Schauspieler_innen Anke Engelke, Bjarne Mädel, Anneke Kim Sarnau, Devid Striesow und Martin Brambach. Der konnte damit übrigens gleich zwei Mal abräumen. Er war außerdem zuvor bereits in der Kategorie „Bester Schauspieler in einer Nebenrolle“ ausgezeichnet worden.
Der Deutsche Schauspielpreis wurde 2012 vom Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS) ins Leben gerufen, um Personen und Institutionen zu ehren, die sich um die Entwicklung der Schauspielkunst und des deutschen Films als Kulturgut besonders verdient gemacht haben. Es ist eine Auszeichnung „von Schauspielern für Schauspieler“, von Kolleg_innen für Kolleg_innen. Dafür sichtete die siebenköpfige Jury in diesem Jahr rund 300 Beiträge. Über die Preisträger_innen konnten dann, anders als bisher, alle Mitglieder des BFFS abstimmen, wie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Hans-Werner Meyer unlängst in einem Interview mit der Berliner Zeitung berichtete. Der BFFS zählt nach eigenen Angaben derzeit etwa 3000 Mitglieder.
„Starker Einsatz“ für den Sieg von David gegen Goliath
Zum nunmehr vierten Mal wurde im Rahmen des Deutschen Schauspielpreises auch der Sonderpreis „Starker Einsatz“ verliehen. Mit dieser gemeinsam von BFFS und der ver.di-FilmUnion vergebenen Auszeichnung werden jene Menschen am Filmset geehrt, die Verantwortung für ein faires und wertschätzendes Miteinander sowie für gute Arbeitsbedingungen als Voraussetzung für einen guten Film übernehmen. Aufgrund seines unbeirrbaren Kampfes für eine angemessene Vergütung entschied die sechsköpfige Jury, den Preis „Starker Einsatz“ in diesem Jahr an den Synchronschauspieler Marcus Off zu vergeben. Off, die deutsche Stimme von Johnny Depp in den ersten drei Teilen des Films „Fluch der Karibik“, hatte in einem jahrelangen Rechtsstreit mit Walt Disney eine Nachvergütung erstritten, die das Zehnfache seiner ursprünglich vereinbarten Gage betrug. In ihrer Begründung hob die Jury besonders hervor, dass Off sich nicht beirren ließ und den Streit wie David gegen Goliath bestanden hat.
„Mit seiner Beharrlichkeit hat Off ein Zeichen für die gesamte Branche gesetzt und eine richtungsweisende Entscheidung herbeigeführt. Wir hoffen, dass diese Auszeichnung anderen Filmschaffenden Mut macht, Missstände nicht einfach hinzunehmen und ihre Rechte selbst angesichts scheinbar übermächtiger Widerstände durchzusetzen“, würdigte auch der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke das Engagement des Synchronschauspielers.
In ihrer Laudatio machte Synchronschauspielerin Harriet Kracht deutlich, dass Off, der sogar ein Vergleichsangebot der US-amerikanischen Produktionsfirma abgelehnt hatte, eine Grundsatzentscheidung durchgesetzt habe: „Erstritten von einem Einzelnen, der Respekt eingefordert hat für seine künstlerische Leistung und damit für die Leistung aller seiner Kollegen.“ Gegen den Versuch von Walt Disney, dem Synchronschauspieler die künstlerische Tätigkeit abzusprechen, habe sich Marcus Off erfolgreich zur Wehr gesetzt. Das abschließende Urteil habe damit nicht nur die Arbeit eines jeden Synchronschauspielers als eindeutig künstlerische Leistung definiert, sondern damit auch den Anspruch auf Nachvergütung begründet.
Off selbst bedankte sich für die Auszeichnung mit wenigen, aber treffenden Worten: „Eigentlich dürfte man so einen Preis gar nicht ausloben, denn eine angemessene Vergütung müsste die Normalität sein.“ Und: „Ein Verein ist immer nur so stark wie seine Mitglieder“. Mit diesem Verein meinte er den InteressenVerband Synchronschauspieler (IVS), der das gesamte Verfahren gegen Walt Disney finanziert hatte und der sich ebenfalls sehr erfreut über Offs Auszeichnung zeigte. Vorstand Till Völger betonte, dass Off den Preis mehr als verdient habe, gab aber auch zu bedenken, dass die Summe, die der Synchronschauspieler vor Gericht erstritten hat, lange nicht das wettmache, was er persönlich in all den Jahren infolge seines Einsatzes verloren habe: „Obwohl verwerterseitig vielfach behauptet wird, dass es das ‚Blacklisting’ nicht gibt, so weiß doch jeder in der Branche, dass sich Verwerter, Verleiher und auch namhafte Synchronproduzenten gegen Marcus stellten und er dadurch erhebliche finanzielle Einbußen erlitten hat“, so Völger. Umso wichtiger sei es zu erwähnen, dass der Einsatz von Off bereits weitere Kolleg_innen ermutigt habe, sich für ihre Rechte einzusetzen, hob der IVS in seiner Pressemitteilung hervor. So unterstütze der Verband aktuell noch drei weitere Nachvergütungsverfahren.
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Ehrenpreis für ARD und ZDF
Ein politisches Statement setzte die Jury des Deutschen Schauspielpreises in diesem Jahr mit der Auszeichnung der öffentlich-rechtlichen Sender in der Kategorie „Ehrenpreis Inspiration“. Damit werden Personen oder Institutionen geehrt, die durch ihre Leistung in besonderer Weise die Kreativität der Schauspieler_innen ermöglicht und gefördert haben. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk „erkennen wir den Fels in der Brandung gezielter Desinformation und der im Internet sich ausbreitenden Verschwörungstheorie-Blasen“, hieß es in der Jury-Begründung. ARD und ZDF gehörten zu den Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der freien Meinungsbildung, die auch die Grundlagen für die Ausübung der darstellenden Kunst seien.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel unterstrich in seiner Laudatio ebenfalls die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zeiten abnehmender Pressefreiheit, in denen eine differenzierte Berichterstattung umso wichtiger werde. Das deutsche Rundfunksystem stehe für politische Unabhängigkeit und Vielfalt. Mit ihrem Korrespondentennetzwerk in der ganzen Welt etwa gewährleisteten ARD und ZDF eine objektive und interessante Berichterstattung. „Das kostet Geld, doch es ist das Geld wert“, sagte er. Dem Staat komme dabei die Aufgabe zu, Gebühren zu erheben, damit die Öffentlich-Rechtlichen diesem Auftrag auch nachkommen können. Gabriel erinnerte aber auch an die Vorbildfunktion der öffentlich-rechtlichen Auftraggeber: „Filmschaffende verdienen faire Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung.“ In diesem Zusammenhang müsse man zudem hinterfragen, ob das „Schielen nur auf die Quote auch vernünftig ist“. Gleichzeitig wünsche er sich von der Politik mehr Sensibilität und Aufmerksamkeit gegenüber den Kreativen.
Die ARD-Vorsitzende und MDR-Intendantin Karola Wille, die den Preis gemeinsam mit ZDF-Intendant Thomas Bellut entgegennahm, bedankte sich für den „in der Tat besonderen Preis“, mahnte jedoch auch, dass die Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht überall verankert sei. Zu dieser Idee gehöre auch, dass ARD und ZDF „zum Zusammenhalt in der Gesellschaft beitragen“.