Bußgeld für TV-Dreh in München

TV-Kameramann Sundro Ganser versteht die Welt nicht mehr. Genau genommen die Stadt München. Für ein Interview mit Passanten auf der Straße hat er kürzlich ein saftiges Bußgeld bekommen. Am Morgen hatte der Kameraprofi einen Anruf aus der Redaktion des Wissenschaftsmagazins Galileo erhalten. Sundro Ganser sollte für den Sender ProSieben die Meinung von Passanten in München zu einem aktuellen Thema mit der Fernsehkamera aufnehmen: „Dabei wurde ich dann von zwei Polizisten angesprochen, die gefragt haben, ob ich eine Drehgenehmigung besitze.“

Hatte er aber nicht. Er stand zu diesem Zeitpunkt mit seinem kleinen Team in einer Fußgängerzone. Mit dabei waren noch zwei Praktikantinnen von ProSieben. Er hatte die Kamera auf der Schulter und nicht einmal ein Stativ dabei. In der Fußgängerzone sei ausreichend Platz gewesen, weil Sommerferien waren und es sei nicht allzu viel los gewesen, sagt er: „Diese Straßenumfragen machen wir normalerweise lediglich mit einer Kamera auf der Schulter.“ Die eine Praktikantin hielt die Tonangel mit dem Mikrofon und die andere hatte die Leute befragt.

Kurz vor Ende der geplanten Drehzeit kamen dann die Beamten auf ihn zu und stoppten die Aufnahmen. Sundro Ganser: „Ich wurde in meiner Arbeit behindert, die beiden Polizisten platzten mitten in ein Interview mit einem Passanten hinein. Unter Androhung eines Platzverweises, wenn ich noch weiterdrehen würde, haben sie mich daran gehindert diesen Beitrag fertig zu machen.“

Jetzt, mehr als ein halbes Jahr später, wurde ihm ein Bußgeldbescheid zugestellt. 128,50 Euro sollte er zahlen. Vorwurf: Er hätte gegen das Bayerische Straßen- und Wegegesetz verstoßen. Dies sei eine genehmigungspflichtige Sondernutzung, da das Interview „nicht der aktuellen journalistischen Berichterstattung“ dienen würde, sondern es sich um „Interviews für ein Infotainmentmagazin“ handele. Die Anzeige stammte von der Polizei, zugestellt wurde das Bußgeld von der Stadt.

Als Münchens Stadtsprecher Stefan Hauf davon erfuhr, musste er einräumen, dass es für eine solche Aufteilung einer Berichterstattung keine Rechtsgrundlage gibt. Er erklärt das Vorgehen der Bußgeldstelle folgendermaßen: „Das sind Kriterien, die sich offensichtlich die Dienststelle selber gegeben hat“. Tatsächlich gebe es eine Sonder­nutzungs­genehmigung z.B. für Produktionen wie Werbefilme oder sonstige Spezialaufnahmen, die den Verkehr behindern. Auch an wenigen Orten, wie dem Viktualienmarkt, gebe es Sonderregelungen. Die Stadt hat inzwischen klargestellt, dass für jede Art von journalistischer Berichterstattung besondere Drehgenehmigungen nicht notwendig seien und sich bei Sundro Ganser entschuldigt. Das Bußgeld muss er nicht zahlen. Sundro Ganser: „Was journalistisch ist und was nicht, das kann vor allem kein einzelner Polizist beurteilen.“

Weitere aktuelle Beiträge

KI macht Druck auf Suchmaschinen

Die Künstliche Intelligenz frisst den Traffic: Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) meldet massive Einbrüche bei der Suchmaschinen-Nutzung aufgrund von Chatbots bei Google oder ChatGBT. Weil viele Nutzer*innen sich mit den Zusammenfassungen von KI zufrieden geben, klicken sie nicht mehr weiter zu den Websites, von denen die Informationen bezogen werden.
mehr »

Neue Europäische Medienplattform

Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das der deutsche Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer und seine französische Amtskollegin Rachida Dati auf den Weg bringen: die Entwicklung einer europäischen Medienplattform. Im Zentrum soll dabei das Internet-Angebot des deutsch-französischen Kulturkanals Arte stehen, dass zu einer solchen Medienplattform mit bis zu 24 Sprachen ausgebaut werden soll.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Filmtipp: Mädchen können kein Fußball spielen

Der sehenswerte Dokumentarfilm von Grimme-Preisträger Torsten Körner („Schwarze Adler“) ist eine Hommage an die Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs. Körner hat bereits ein ausgezeichnetes Buch über das Thema geschrieben („Wir waren Heldinnen“). Der Film erzählt die Geschichte mit Hilfe von Zeitzeuginnen und vielen zeitgenössischen TV- und Wochenschau-Ausschnitten von den Anfängen in den 50ern bis zur siegreichen Heim-EM 1989.
mehr »