Jubiläum: RBB-Profil geschärft und gerockt

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird am 1. Mai 15 Jahre alt. Anlässlich des Jubiläums zog Intendantin Patricia Schlesinger im Haus des Rundfunks an der Masurenallee eine Zwischenbilanz. Die vor acht Monaten initiierte TV-Programmreform befinde sich „auf einem guten Weg“. In den nächsten Jahren aber werde der Sender noch mal „gekrempelt und gerockt“. Die Programme, so Schlesinger, seien „Motor und Taktgeber“ jeder Reform. Ihr Anspruch, vor allem in der Prime Time ab 20:15 Uhr den Beitragszahler_innen anstelle von Wiederholungen ein „selbstgemachtes Programm“ anzubieten, sei weitgehend erfüllt.

Neu entwickelte Formate wie „Supermarkt“, „Täter, Opfer, Polizei“ und die „Abendshow“ trügen maßgeblich dazu bei, den Anspruch an Eigenproduktionen zu erfüllen. Vom Publikum werde das mit wachsender Akzeptanz gewürdigt. Inzwischen habe man die „rote Laterne“ im Ranking der Dritten Programme abgegeben. Die Quote im laufenden April liege bei 6,2 Prozent, damit sei der RBB erfolgreicher als der WDR und der SWR in ihren jeweiligen Sendegebieten. 2016 habe die Quote noch bei 5,6 Prozent gelegen, 2017 bei 5,9 Prozent. Mit dem Umzug des Mittagsmagazins nach Berlin sei der RBB auch in der ARD sichtbarer.

Zum Geburtstag werde das Publikum in der 1. Juni-Woche mit einem „Wunschprogramm“ erfreut, berichtete Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus. Zuvor schon soll mit Comedian Kurt Krömer ein populäres RBB-Gesicht auf den Bildschirm zurückkehren, diesmal sogar als Programmansager. Zum 60jährigen Bestehen der „Abendschau“ am 1. September wird das Regionalmagazin rundum geliftet, einschließlich eines neuen Studiodesigns. Als TV-Highlight startet am 4. November die neue Serie „Berlin – Schicksalsjahre einer Stadt“, eine Doku-Reihe von 30 Folgen á 90 Minuten über die Jahre 1960 bis 1990, komponiert aus Archivmaterial des ehemaligen Senders Freies Berlin und des DDR-Fernsehens.

Auch im Ersten Programm der ARD will der RBB sein Profil schärfen. Programmliche Höhepunkte sind hier die Verfilmung von Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“, mit anschließender Debatte bei „Maischberger“ (6. Juni) sowie „Die Heiland“, eine Serie über eine blinde Anwältin.

Nach der Überarbeitung des RBB-Fernsehens soll nun das Radio im Zentrum der Reformbemühungen stehen. „Fritz“ soll laut Schulte-Kellinghaus verstärkt zu einer „multimedialen Plattform“ ausgebaut werden, „mobil und online, begleitet von einem linearen Ausspielweg im Radio“. „Radio Berlin“ werde sich künftig verstärkt um die Zielgruppe der unter 50jährigen kümmern. Als Highlights nannte der Programmdirektor die Hörspieladaption von „Babylon/Berlin“ sowie die gemeinsam mit Radio Bremen und dem WDR realisierte achtteilige Hörspielproduktion „Der nasse Fisch“.

Im Internet will der Sender das multimediale Info-Angebot „rbb24“ stärker profilieren. In den Mittelpunkt des Auftritts sollen künftig vermehrt Bewegtbilder und Audios rücken. Dabei wünscht sich Intendantin Schlesinger vom neuen Produktions- und Betriebsdirektor Christoph Augenstein, der im September sein Amt antritt, frische Ideen. Angesichts anhaltend knapper Ressourcen gehe es darum, die Produktion zu „verschlanken“, das heißt, „kostengünstiger zu produzieren“.

In den kommenden Jahren will Schlesinger das Hauptstadtprofil des Senders weiter schärfen. „Der RBB soll für die Menschen in der Region ein Freund, ein täglicher Begleiter sein“, sagte sie. „Wir wollen die regionale Identität abbilden, weiterbilden, aber auch Diskussionen anstoßen“. Ein wichtiges Anliegen sei ihr, das vorhandene Meinungsspektrum möglichst umfassend wiederzugeben. Als Beispiel nannte die Intendantin die Live-Sendung aus dem brandenburgischen Cottbus, bei der eine offene Auseinandersetzung über die vor Ort zugespitzte Situation mit Flüchtlingen geführt wurde.

Medienpolitisch erwartet Schlesinger eine Novellierung des Telemediengesetzes. Davon erhofft sie sich mehr Handlungsfreiheit im Netz, vor allem in Sachen Verweildauer. Sie begrüßte den Vorschlag des neuen ARD-Intendanten Ulrich Wilhelm, gemeinsam mit anderen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern und Kulturinstitutionen eine Plattform für Qualitätsinhalte zu schaffen. Schlesinger: „Dies könnte auch einen europaweiten Dialog über die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befeuern.“

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