Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am 7. August zur Verwendung von im Internet frei verfügbaren Bildern. Zugrunde liegt ein Rechtsstreit aus Nordrhein-Westfalen. Die aktuelle Entscheidung stärkt Rechte von Fotografen und Redaktionen. Nach Ansicht der Luxemburger Richter muss ein Urheber künftig explizit um Erlaubnis gefragt werden, wenn ein von ihm geschaffenes Werk im Netz neu veröffentlicht wird. Das gilt auch dann, wenn es auf einer anderen Website mit dem Wissen des Urhebers frei verfügbar ist.
Hintergrund der Entscheidung ist ein fast kurioser Fall aus dem nordrhein-westfälischen Waltrop bei Dortmund. An einer dortigen Schule hatte eine Schülerin für ein Referat ein Foto von der Website eines Reisemagazins kopiert. Die Schule veröffentlichte das Referat dann auf ihrer Website. Der Urheber des Bildes, das die spanische Stadt Córdoba zeigt, wurde darauf aufmerksam und klagte. Fotograf Dirk Renckhoff machte geltend, nur den Betreibern des Reisemagazin-Portals ein Nutzungsrecht eingeräumt zu haben, und vertritt die Ansicht, dass die Einstellung der Fotografie auf der Website der Schule sein Urheberrecht verletzt. Er verklagte das Land Nordrhein-Westfalen auf Unterlassung und Schadensersatz.
Im Zuge dieses Rechtsstreits ersuchte der Bundesgerichtshof den EuGH um Auslegung der EU-Urheberrechtsrichtlinie von 2001, der zufolge der Urheber eines Werkes grundsätzlich das ausschließliche Recht hat, die öffentliche Wiedergabe dieses Werks zu erlauben oder zu verbieten. Der Karlsruher Bundesgerichtshof wollte wissen, ob der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ die Einstellung einer Fotografie auf eine Website erfasst, wenn dieses Foto zuvor ohne eine Download-Beschränkung und mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers auf einer anderen Website veröffentlicht worden ist. Mit seinem Urteil bejaht der EuGH diese Frage.
Der Gerichtshof erinnert in seiner Begründung zunächst daran, dass eine Fotografie urheberrechtlich geschützt sein kann, sofern sie die geistige Schöpfung des Urhebers darstellt. Sodann stellt der EuGH fest, dass – abgesehen von den in der Richtlinie erschöpfend aufgeführten Ausnahmen und Beschränkungen – jede Nutzung eines Werks durch einen Dritten ohne eine vorherige Zustimmung des Urhebers die Rechte des Urhebers dieses Werks verletze. Die Richtlinie solle ein hohes Schutzniveau für die Urheber sichern, um ihnen die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung zu erhalten. Im Waltroper Fall sei die Nachnutzung des Fotos als „Zugänglichmachung“ und folglich als „Handlung der Wiedergabe“ einzustufen. Unter Umständen werde dadurch auch ein neues Publikum erreicht. Der EuGH weist auch darauf hin, dass ein solches erneutes Einstellen von der Zugänglichmachung über Hyperlinks, die auf eine andere Website verweisen, zu unterscheiden sei.
Bemerkenswert an dem EuGH-Urteil ist, dass sich die Luxemburger Richter damit über die Empfehlung des Generalanwalts Manuel Campos Sánchez-Bordona hinwegsetzen. Der hatte gefordert, der Klage nicht stattzugeben, da besagtes Referat “eine allen Internetnutzern frei und kostenlos zugängliche Fotografie” verwende und der Veröffentlichung durch die Schule keine “Gewinnerzielungsabsicht” zugrunde lag.
Wäre dieser Argumentation gefolgt worden, hätte das die hierzulande geltenden Rechtslage verändert. Stattdessen bekräftigte der Europäische Gerichtshof: Fotografen können ihre Bilder unverändert mehrfach lizenzieren und von den Nutzern jeweils eine angemessene Vergütung fordern. Auch für Redaktionen schafft das Urteil zusätzliche Rechtssicherheit. Dritte dürfen redaktionelle Texte oder Fotos aus dem Netz nicht ohne Zustimmung der Redaktion vervielfältigen oder auf ihre eigene Webseite hochladen.