Fair Pay-Kampagne nimmt Fahrt auf

Mit Hartnäckigkeit und Organisation zu besseren Honoraren

Was lange währt, wird gut? Das kann für die am 1. Februar 2010 in Kraft getretenen Vergütungsregeln für Freie an Tageszeitungen so noch nicht gesagt werden. Auch wenn dju, DJV und der Verlegerverband rund sieben Jahre darüber verhandelt haben. Doch inzwischen hat die Kampagne „Fair Pay“ Fahrt aufgenommen – auch wenn Verleger die Verbindlichkeit der neuen Vergütungsregeln nach der Unterschrift erst mal wieder in Frage stellen wollten. Am 1. September trafen sich Vertreter von dju und DJV, um das weitere Vorgehen für eine gemeinsame Kampagne abzusprechen.


Nach der Unterschrift der Bevollmächtigten des Bundes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) wollten sich einige Verlage zunächst darauf berufen, dass diese Abmachungen nicht für sie gelten, da sie dem BDZV nicht oder nicht mit Tarifbindung angehören. Doch dju in ver.di und DJV sind der Rechtsauffassung, dass diese Unterschrift für alle verbindlich ist, da sie einer Forderung im Urheberrechtsgesetz nachkommt und erläuterten dies im Mai noch mal explizit in einem offenen Brief an alle Chefredakteure und Geschäftsführer deutscher Tageszeitungen.
Die Reaktionen zu den Vergütungsregeln in den Verlagen waren sehr unterschiedlich. So schrieb die Bremer Tageszeitungen AG (Weser Kurier) ihre freien Autoren an mit der Bitte um Nachweis der Hauptberuflichkeit – ein wichtiges Kriterium für die Anwendung der neuen Vergütungsregeln – und stellte gleich eine Nachvergütung rückwirkend zum 1.Februar 2010 in Aussicht. Andere Zeitungen wie die Frankenpost reagierten zunächst schroff ablehnend und erklärten den Freien, die ein Honorar nach den neuen Regeln forderten, dass sie nicht mehr gebraucht würden. Was nach Intervention der Journalistengewerkschaften als Missverständnis zurückgenommen wurde.
Doch viele Freie, die zunächst im bundesweiten Erfahrungsaustausch der dju ähnliches befürchteten, organisierten sich, informierten sich in vielen Veranstaltungen. Auf den eigens dazu gestalteten Internet-Seiten und in der Broschüre „Fair Pay – Vergütungsregeln für Freie an Tageszeitungen“ werden die verabredeten Tarifhöhen für die einzelnen Zeitungen erläutert – leider bislang nur für die schreibenden Kollegen, für die Fotografen gibt es immer noch keinen Abschluss. Doch Realität waren und sind teileweise miese Honorare von zehn Cent pro Zeile oder vier Euro pro Foto. „Die Verlage könnten natürlich ganz von allein ihren Verpflichtungen nachkommen. Das wäre der Idealfall. Alle positiven Meldungen dazu werden wir hier sammeln und weitergeben“, erklärt Ulrike Maercks-Franzen, dju-Bundesgeschäftsführerin. „Doch auch die negativen Meldungen werden allen Kolleginnen und Kollegen in der dju-Mailingliste bekannt gegeben.“
Aber Erfolge sind das Ergebnis der Hartnäckigkeit und des Zusammenhalts der freien Autorinnen und Autoren. Ob schnell wie die Kieler Nachrichten oder erst kürzlich wie die Saarbrücker Zeitung, die Signale häufen sich, die neuen Vergütungsregeln umzusetzen, rückwirkend nachzuzahlen und keine Sanktionen auszusprechen gegen Freie, die ihr gutes Recht einfordern. Die Esslinger Zeitung ließ sich durch die gut organisierten Kollegen von den Vergütungsregeln überzeugen, ebenso der schwäbische Teckbote. Aber es gibt auch zwiespältige Antworten: Die Nürnberger Nachrichten sind im Prinzip dafür, wenn die Redakteurinnen und Redakteure in ihren Ressorts trotzdem den vorgesehenen Honorartopf einhalten! Eine Haltung, die auch die Stuttgarter Zeitung eingenommen hat.
Doch was lange währt, kann gut werden. In vielen Redaktionen und Verlagshäusern dauern die Diskussionen an, Freie lassen sich weniger einschüchtern und organisieren sich. Damit das so weiter geht, haben sich die dju und der DJV zur weiteren Absprache Anfang September in Berlin zusammengesetzt, denn nur gemeinsam werden sich die neuen Vergütungsregeln flächendeckend realisieren lassen. In gemeinsamen Aktionen wollen sie Freie zum Zusammenschluss, die Redakteure zur Solidarität und die Betriebsräte zur Unterstützung bei der Umsetzung der Vergütungsregeln bewegen.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Kriminalität nicht mit Migration verknüpfen

Kriminelle Migranten bedrohen die Sicherheit in Deutschland“ – dieses alte rechte Narrativ wird von der AfD neu belebt und verfestigt sich in der Mitte von Gesellschaft und Politik. Medien, die diese realitätsverzerrende Erzählung bedienen, weil sie meinen, die laute Minderheit repräsentiere ein öffentliches Interesse, spielen mit dem Feuer.
mehr »

Mit BigTech gegen Pressefreiheit

Der Vogel ist frei“ twitterte der US-Milliardär und Big Tech-Unternehmer Elon Musk am 28. Oktober 2022, dem Tag seiner Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter, der damals noch den blauen Vogel als Logo hatte. Der reichste Mann der Welt wollte nach eigener Aussage den Dienst zu einer Plattform der absoluten Redefreiheit machen: „Freie Meinungsäußerung ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem die für die Zukunft der Menschheit wichtigen Themen diskutiert werden“, hatte Musk vor der Übernahme erklärt.
mehr »

Neue Nachrichten für Russland

Reporter ohne Grenzen (RSF) hat in Paris gemeinsam mit der Witwe von Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, den neuen Fernsehsender Russia’s Future  vorgestellt. Der Sender soll das Vermächtnis des in russischer Haft ermordeten Oppositionsführers bewahren und die Pressefreiheit in Russland stärken. Ausgestrahlt wird er über das von RSF initiierte Svoboda Satellite Package, das unabhängigen, russischsprachigen Journalismus sendet.
mehr »

Mit föderaler Förderung

In Niedersachsen gibt es erstmals eine Förderung von Qualitätsjournalismus aus Steuergeldern des Bundeslandes. In einer ersten Förderrunde hat die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) jüngst Gelder vergeben. 19 Medienunternehmen erhielten insgesamt rund 53.000 Euro, wie die NLM mitteilte. Damit werden nun Projekte zur Aus- und Fortbildung finanziell unterstützt. Doch wie sieht es in den anderen Ländern aus?
mehr »