Wir trauern um Wulf Beleites

Wulf Beleites Foto: UMF

Er fehlt uns so, als Freund, als Mensch, als Kollege.

Über dreißig Jahre hat er die Arbeit für die Interessen der freien Journalistinnen und Journalisten in der dju geprägt, engagiert und solidarisch auch in den Zeiten, in denen er selbst in Redaktionen angestellt war. Er arbeitete für den Stern, die Hamburger Morgenpost, die Hamburger Rundschau, den NDR und auch für M, als Nachrichtenredakteur, als Lokal- und Gerichtsreporter, als Autor. Er kannte die Arbeitsfelder und -bedingungen der Freien, ihre Interessen und Sorgen aus eigener Erfahrung – als Schreibender, als Fernsehautor, als Redakteur, als Satiriker, ja selbst als Kleindarsteller. Er kannte die Kämpfe um Honorare und Anerkennung, um ein erträgliches Einkommen und ein Auskommen auch im Alter – auch aus eigenem Erleben. Er hatte gute und schlechte Zeiten im Beruf, aber er blieb er selbst und so, wie wir ihn schätzten: kämpferisch, engagiert, kreativ und nie um eine gute Pointe verlegen.

Er war ein origineller und unabhängiger freier Kopf, aber er schätzte auch die Stärke organisierter gemeinsamer Arbeit mit Kollegen, so engagierte er sich in der Tarifkommission der dju seit Mitte der 80er Jahre, bildete darin mit anderen die erste AG Freie, der er bis fast zum Ende angehörte, war aktiv auf der Orts- und Landesebene in Hamburg bis zuletzt, ab 2003 bis 2015 übernahm er Verantwortung im dju-Bundesvorstand, von 2011 an auch als stellvertretender Bundesvorsitzender. Er konnte andere für unseren Beruf und seine Belange begeistern, konnte überzeugen ohne zu langweilen – viele erinnern sich gern an ihn als gefragten Ansprechpartner zum Beispiel bei den Youth Media Conventions gemeinsam mit der Jugendpresse. Ein Profi mit Engagement, sei es für die Pressearbeit bei den „Freiheit statt Angst“-Demos oder zuletzt für die Linke in Hamburg.

1992 bis 1998 tingelte er als Initiator und Chefredakteur des fiktiven Hundehasser-Magazins „Kot Köter“ durch die Talkshows aller privaten Sender – ein Fake. 2013 machte er jedoch ernst und startete damit ein Crowdfunding-Projekt, das einen unerwarteten äußerst erfolgreichen Verlauf nahm. Ein fantasievolles satirisches Produkt mit vielen begeisterten Mitstreitern erschien mit sieben Ausgaben, mit Abonnenten, mit Interview-Anfragen usw. und sogar zwei daraus folgenden Büchern.

Als er uns vor etwas mehr als einem Jahr über seine beunruhigende Diagnose und die Perspektiven informierte, tat er das ganz sachlich und ruhig, für Freunde und nahe Kollegen gab es manchmal ein Bulletin. „Kann also alles recht gut ausgehen und darauf hoffen wir.“ Durch die zahlreichen Genesungswünsche fühlte er sich „gestärkt, diesen Scheißkampf zu gewinnen.“ Am 12. November hat er den ungerechten Kampf verloren. Er fehlt uns.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »

Deutsche-Welle: Beschäftigte wehren sich

Mitarbeiter*innen der Deutschen Welle (DW) protestieren an der Marschallbrücke in Berlin gegen die geplanten massiven Kürzungen im Etat des deutschen Auslandssenders. Sie wollen bis Freitag jeweils frühmorgens Bundestagsmitglieder auf ihrem Weg ins Parlament um Unterstützung für eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Deutschen Welle bitten.
mehr »

Wenn Tech-Giganten Meinung machen

Im Rahmen der Medienpolitischen Tagung luden ver.di und der DGB ein, über Medienmacht, Regulierung und Wege zu einer resilienten Öffentlichkeit zu diskutieren. Neben den medienpolitischen Sprecher*innen der demokratischen Parteien im Bundestag debattierten auch Expert*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Vertreter des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
mehr »