Wenn Tech-Giganten Meinung machen

Medienpolitische Tagung 2025 von DGB & ver.di: Wenn Tech-Giganten Meinung machen, 17.11.2025 // Medienpolitik als Demokratiepolitik - Diskussion mit den medienpolitischen Sprecher*innen der Bundestagsfraktionen: Dr. Ottilie Klein, CDU/CSU; Holger Mann, SPD; David Schliesing, Die Linke; Awet Tesfaiesus, Bündnis 90/Die Grünen. Moderation: Brigitte Baetz. Foto: Sebastian Eggler

Im Rahmen der Medienpolitischen Tagung luden ver.di und der DGB ein, über Medienmacht, Regulierung und Wege zu einer resilienten Öffentlichkeit zu diskutieren. Neben den medienpolitischen Sprecher*innen der demokratischen Parteien im Bundestag debattierten auch Expert*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Vertreter des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Mit deutlichen Warnungen vor einer „neuen Form der Meinungsmacht“ eröffneten ver.di und der DGB am 17. November 2025 ihre medienpolitische Tagung in der ver.di-Bundesverwaltung. Unter dem Titel „Wenn Tech-Giganten Meinung machen: Wer verteidigt die Medienvielfalt?“ widmete sich das Auftaktgespräch den wachsenden Einfluss globaler Plattformkonzerne und möglichen politischen Antworten.

Medienpolitische Tagung 2025 von DGB & ver.di: Wenn Tech-Giganten Meinung machen, 17.11.2025 // Augenhöhe schaffen – Gespräch mit Christoph Schmitz-Dethlefsen, Mitglied im ver.di Bundesvorstand mit Moderatorin Brigitte Baetz. Foto: Sebastian Eggler

Moderatorin Brigitte Baetz sprach mit Christoph Schmitz-Dethlefsen darüber, wie ein „Plattformsoli“ und neue Förderinstrumente die Medienlandschaft stabilisieren könnten. Das Gespräch bildete den Problemaufriss für die anschließende Fachtagung – und machte bereits zu Beginn deutlich, wie groß der Handlungsdruck ist.

Digitale Meinungsmacht und ökonomische Abhängigkeiten

Die Diagnose ist eindeutig: Globale Plattformen wie Google, Meta, TikTok, Amazon oder X sind längst nicht mehr neutrale Mittler unterschiedlicher Inhalte. Sie kuratieren, gewichten und sortieren das Sichtbare. Für Baetz und Schmitz-Dethlefsen steht außer Frage, dass diese neue Informationsarchitektur ein erhebliches Missbrauchspotenzial birgt. Beispiele dafür gibt es genug: gedrosselte politische Inhalte bei Instagram, manipulierte Reichweitensteuerung bei X, eine nachgewiesene Privilegierung der AfD bei TikTok-Suchergebnissen vor der Europawahl 2024 sowie Googles neue KI-Suchzusammenfassungen, die laut Gutachten der Landesmedienanstalten im Oktober 2025 zu 18 bis 50 Prozent weniger Traffic auf Medienwebseiten führten. Verlage und Verbände haben deshalb bei der Bundesnetzagentur eine Beschwerde wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung eingereicht. Für viele Redaktionen, die ohnehin wirtschaftlich unter Druck stehen, verschärfe sich die Lage dramatisch, kritisierte Schmitz-Dethlefsen.

Angriffe, ökonomische Verwerfungen, KI-Disruption

Die Lage journalistischer Medien ist 2025 prekär. Neben ökonomischen Herausforderungen kommen massive Angriffe hinzu – auf der Straße, im Netz und durch orchestrierte Kampagnen gegen klassische Medien. Auch der KI-Umbruch hat Folgen: Generative Systeme erschüttern die Glaubwürdigkeit von Absendern und Inhalten, während Fehlerquoten von Chatbots – laut EBU zuletzt 45 Prozent – das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer zusätzlich untergraben.

ver.di fordert klare Regeln und konsequente Durchsetzung

Zentraler Punkt der gewerkschaftlichen Forderungen bleibt die Einführung einer zweckgebundenen Plattformabgabe. Sie soll Medienfinanzierung, Innovation, Nachwuchsprogramme und redaktionelle Qualität sichern. Das Vorbild ist Österreich, wo seit 2020 fünf Prozent Abgabe auf Onlinewerbung marktmächtiger Plattformen erhoben werden.

Staatsminister Wolfram Weimer brachte früh einen „Plattformsoli“ ins Gespräch und schlug für Deutschland zehn Prozent vor. Doch politisch bleibt das Vorhaben umstritten: Während das BKM im November 2025 Eckpunkte ankündigte, haben Wirtschaftsministerin Reiche und Digitalminister Wildberger das Projekt bereits als „nicht prioritär“ abgeräumt. Das Finanzministerium lehnt es gänzlich ab. Für ver.di ist klar: Fördermittel darf nur erhalten, wer presseethische Standards, Tarifverträge, Sozialstandards sowie qualifizierte Weiterbildungsangebote einhält.

Die medienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Otilie Klein, sieht die angekündigte Digitalabgabe dennoch auf einem guten Weg. „Wir sind dran“, sagte Klein während der Tagung. Derzeit werde ein Eckpunktepapier verfasst, das die Positionen der Digital- wie der Finanzexpert*innen und der EU aufgreifen will. Die medienpolitische Sprecher*innen Awet Tesfaiesus (Bündnis 90/Die Grünen), David Schliesing (Die Linke) und Holger Mann (SPD), betonten ebenfalls die Notwendigkeit einer Digitalabgabe und einer stärkeren Regulierung der großen Plattformen.

EU-Regulierung konsequent durchsetzen

Medienpolitische Tagung 2025 von DGB und ver.di; ver.di: Wenn Tech-Giganten Meinung machen, Foto: Sebastian Eggler

Ob Digital Markets Act, Digital Services Act oder die europäische KI-Verordnung: Aus Sicht von ver.di und DGB bleiben Plattformen zentrale Pflichten weiterhin schuldig – etwa beim Forschungsdatenzugang, nutzerfreundlichen Beschwerdewegen oder beim Eindämmen suchtfördernder Designs. Die Bundesregierung müsse sich gemeinsam mit den Ländern für eine EU-weite Harmonisierung stark machen und für wirkliche Rechtsdurchsetzung sorgen: von der Entfernung illegaler Inhalte über Eingriffe bei Wahlbeeinflussung bis zu klaren Sanktionen bei Versäumnissen.

Erkenntnis und Ernüchterung

Georgios Gounalakis, Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) zeigte sich eher ernüchtert über ausbleibende Fortschritte. Niemand wolle große Player wie Google verprellen, so seine Erkenntnis.

Wie es dennoch gelingen kann Regulierung durchzusetzen, bleibt abzuwarten. Für die Teilnehmer*innen der Tagung geht die Debatte jedenfalls weiter. Denn auch beim anschließenden Digitalgipfel der Bundesregierung kamen kaum Ergebnisse zustande Indes will die die EU-Kommission mit ihrem  Omnibus-Paket eine Reihe europäischer Digitalgesetze in Einklang bringen. Sie erleichtert Firmen damit den Zugriff auf sensible Daten und setzt das KI-Gesetz bis zu 16 Monate aus. Daran gibt es scharfe Kritik.

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