Ausstellung in Berlin: „Das illegale Bild“

Aus der Serie "A to B" von Espen Eichhöfer. Zu sehen in der Ausstellung »DAS ILLEGALE BILD – Fotografie zwischen Bildverbot und Selbstzensur«

Kein Bild ist illegal! Zumindest in der Kunst. Oder doch? Darüber denkt derzeit die Ausstellung „Das illegale Bild. Fotografie zwischen Bildverbot und Selbstzensur“ im Berliner f³ – freiraum für fotografie nach. Immer wieder hat es in den vergangenen Jahren Auseinandersetzungen darüber gegeben. Prominentes Beispiel ist der Berliner Espen Eichhöfer, dessen Werke in der Schau zu sehen sind.

Eichhöfers Fall, den er 2018 vor das Bundesverfassungsgericht bringen wollte, war vieldiskutiert. Der Fotograf der Agentur Ostkreuz wurde mit einer Unterlassungsklage konfrontiert, nachdem er 2013 das Bild einer von ihm auf der Straße fotografierten Frau im öffentlichen Raum ausgestellt hatte. Die Frau forderte neben der Unterlassung eine Geldsumme – und machte das Recht am eigenen Bild geltend. Beim Bundesverfassungsgericht wurde das Verfahren zwar abgelehnt. Doch die Begründung war immerhin ein kleiner Sieg im Sinne der Straßenfotografie: So sei es gerade „strukturtypisch“ für die „street photography“, Menschen ohne Erlaubnis abzubilden. Das Foto sei demnach als Kunstwerk definiert und dürfe auch ausgestellt werden. Allerdings: nicht in derart exponierter Form auf einer großformatigen Tafel, den Blicken eines auch kunstfernen Publikums ausgesetzt, wie im Fall von Eichhöfer geschehen. Die Situation bleibt also verschwommen: eine Grauzone, die viele Fragen aufwirft.

Aus der Serie „Manhattan 9“ von Beat Streuli. Zu sehen in der Ausstellung »DAS ILLEGALE BILD – Fotografie zwischen Bildverbot und Selbstzensur«

Die von Eichhöfer, Katharina Mouratidi und Natascha Pohlmann kuratierte Ausstellung zeigt ebenfalls Bilder des Schweizers Beat Streuli: Streuli fotografiert Menschen in der Großstadt, filtert Einzelpersonen mit einem Teleobjektiv aus dem Strom der Passant*innen heraus – und kommt ihnen ganz nah. Dabei konzentriert er sich auf das Gesicht. Die Umgebung verschwimmt in Unschärfe, dafür tritt die Mimik der Fotografierten umso markanter hervor. Streulis fotografische Technik, das Zoomen, ist hier zu großer Kunst verdichtet.

Aus der Serie „Dirty Windows“ von Merry Alpern. Zu sehen in der Ausstellung »DAS ILLEGALE BILD – Fotografie zwischen Bildverbot und Selbstzensur«

Beinahe unbekannt in Deutschland sind hingegen die Arbeiten der New Yorkerin Merry Alpern, deren in den neunziger Jahren entstandene Serie „Dirty Windows“ Bilder zeigt, die sie durch ein Badezimmerfenster von einem illegalen Sexclub machte.

„Censorship Daily“ von Jan-Dirk van der Burg präsentiert Titelblätter einer niederländischen Tageszeitung, die im Iran zensiert, überklebt und beschnitten wurden. In seinem Kurzfilm „Killed“ montiert William E. Jones Aufnahmen, die in den dreißiger und vierziger Jahren in den USA zensiert wurden, während sich Carola Lampe in ihrer Multimedia-Installation „Humanoid“ mit dringlichen Fragen der Überwachung befasst.

„Das illegale Bild“ ist eine Ausstellung, die grundsätzliche Fragen zur Fotografie stellt – etwa auch jene, wo das Recht am Bildermachen, wo die künstlerische Freiheit ende. „Sechs künstlerische Positionen“, so die Kurator*innen, „beleuchten die Frage nach legalen und illegalen Bildern – zwischen sozialem Tabu, gesellschaftlicher Relevanz und künstlerischer Freiheit“.


»DAS ILLEGALE BILD – Fotografie zwischen Bildverbot und Selbstzensur«

noch bis 5. April 2020 im f³ – freiraum für fotografie, Waldemarstr. 17, 10179 Berlin

www.fhochdrei.org


M – Der Medienpodcast: einzigartig anders, denn wir fragen genauer nach

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von SoundCloud. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Klimakiller in der TV-Werbung

Knapp ein Drittel aller Spots in TV und auf YouTube wirbt für klimaschädliche Produkte. Das verstößt gegen den Medienstaatsvertrag, wie die am 6. Mai veröffentlichte Studie „Reklame für Klimakiller“ der Otto Brenner Stiftung offenlegt. Denn der Medienstaatsvertrag untersagt explizit Werbung für „in hohem Maße“ umweltschädliches Verhalten. Die Autoren fordern von der Medienpolitik eine strengere Regulierung klimaschädlicher Werbung.
mehr »

ARD und ZDF: Offene technische Plattform 

ARD und ZDF stellen sich mit einer Open-Source-Initiative und einer gemeinsamen Tochterfirma für den Betrieb ihrer Mediatheken als Streaming-Anbieter auf dem deutschen Markt neu auf. Beide wollen künftig zentrale Komponenten arbeitsteilig entwickeln und gemeinsam nutze, teilten sie gemeinsam mit. Zugleich sollen wichtige Bausteine als Open Source anderen Dienstleistern offen stehen. Das gelte unter anderem für den Player, das Empfehlungs- und das Designsystem.
mehr »

Negativrekord der Pressefreiheit

Mehr Übergriffe im Umfeld von Wahlen und eine Rekordzahl von Ländern mit katastrophalen Bedingungen für Medienschaffende. Die Lage der Pressefreiheit hat sich im weltweiten Vergleich weiter deutlich verschlechtert. Dies geht aus der Rangliste der Pressefreiheit 2024 von Reporter ohne Grenzen (RSF) hervor. Der Analyse zufolge befanden sich im vergangenen Jahr 36 Länder in der schlechtesten Wertungskategorie. Das sind so viele wie seit mehr als zehn Jahren nicht.
mehr »

Medienhäuser müssen Journalisten schützen

„Die Pressefreiheit ist auch in Deutschland zunehmend bedroht”, kritisiert die Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di, Tina Groll, zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. Die dju in ver.di verzeichne mit großer Sorge eine wachsende Anzahl der Angriffe, die die Gewerkschaft für Medienschaffende in einem internen Monitoring festhält.
mehr »