Keine ÖD-Abkoppelung

Streik beim Bayerischen Rundfunk in München am 14. November 2019 Foto: picture alliance/Sachelle Babbar

Tarifverhandlungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfolgreich beendet

Nach monatelangen Verhandlungen begleitet von bundesweiten Streiks und vielen Aktionen konnten in allen ARD-Anstalten, im ZDF und im Deutschlandradio Tarifergebnisse erreicht werden. Es ist gelungen, eine Abkopplung der Tarife vom öffentlichen Dienst (ÖD) zu verhindern – eine Hauptforderung der Beschäftigten des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks in dieser am Ende erfolgreichen Tarifauseinandersetzung. In der Deutschen Welle dauern die Verhandlungen noch an. Über die Abschlüsse beim NDR, SWR und MDR berichtete M bereits in der Ausgabe 4/2019, die auch online nachzulesen ist.

Zusätzlicher Urlaubstag

Radio Bremen | Bei Radio Bremen/Bremedia konnten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber auf ein Gesamtvolumen von 7,18 Prozent einigen. Darin können etwa Bestandteile wie die Erhöhung der Gehälter und Honorare in drei Stufen um insgesamt 6,2 Prozent, ein zusätzlicher Urlaubstag, Essensgeldzuschuss oder eine Erhöhung der monatlichen Zahlungen an Azubis in drei Stufen um insgesamt 150 Euro enthalten sein. Die Laufzeit beträgt 33 Monate. Nun wird es noch separate Verhandlungen bei Radio Bremen und Bremedia über Einzelforderungen geben, wie z.B. die Verteilung der oben angeführten Bestandteile und/oder über eine neue Gehaltstabelle bei Bremedia.

RBB | Auch beim RBB sieht das Gesamtpaket über 36 Monate nicht nur 6,2 Prozent Tariferhöhungen, sondern auch verschiedene strukturelle Elemente vor, wie etwa einen Zuschuss des Arbeitgebers zu den Jobtickets, bei dem bis zuletzt um eine Erhöhung auf 30 Euro gerungen wurde.

WDR | Nach 13 Warnstreiktagen und einer sechs Monate andauernden, ungebrochen starken Streikbewegung einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften beim WDR noch im Dezember auf ein Eckpunktepapier. Zuletzt hatten die Beschäftigten beim WDR und WDR Beitragsservice sowie bei Phoenix noch mal massiv mobilisiert und am 12. Dezember zum wiederholten Male den Sendebetrieb gestört. Unter anderem im vom WDR produzierten ARD-Morgenmagazin, dessen Beiträge teils aufgezeichnet waren oder aus Frankfurt gesendet wurden. „Auch die Sendung ‚Live nach neun‘ wurde durch die Arbeitsniederlegungen erheblich beeinträchtigt. Die Sendungen ‚Hier und heute‘, ‚Servicezeit‘ und ‚Frau TV‘ fielen aus“, teilte ver.di im WDR mit.

Streiks mit Programmstörungen

Der monatelange Einsatz zahlt sich nun aus. Und zwar rückwirkend zum 1. April 2019 jährlich 2,25 Prozent Gehaltserhöhungen bei einer Laufzeit von drei Jahren. Die Mindesthonorare steigen im nächsten Jahr um 4,5 Prozent und 2021 um weitere 2,25 Prozent. Festangestellte erhalten zudem 2019 eine Einmalzahlung von 900 Euro und 2020 von 300 Euro, Freie am 2. Januar in diesem Jahr 900 Euro, im Juni nächsten Jahres 600 Euro und am 1. April des Folgejahres 400 Euro.

BR | Nach einer langen Tarifrunde mit mehreren Streiks und unzähligen Auswirkungen auf das Programm gab es am 30. Januar auch beim Bayerischen Rundfunk das OK für den Tarifabschluss. Demnach hätten sich über 80 Prozent der ver.di-Mitglieder, die sich an einer Abstimmung beteiligt hatten, dafür ausgesprochen, das Tarifangebot des BR vom 12. Dezember 2019 anzunehmen. Strukturelle Elemente wie freie Tage, die Erhöhung des Essensgeldzuschusses oder einen Zuschuss zum öffentlichen Nahverkehr, wie sie in anderen Sendern erreicht werden konnten, habe der BR allerdings nicht zugestehen wollen. „Und so bleibt dieser Abschluss hinter den Tarifabschlüssen in anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zurück“, schreibt ver.di im BR.

Festangestellte (inklusive Gagenarbeitnehmer*innen) erhalten für die Jahre 2019 bis 2021 insgesamt 6,75 Prozent mehr Gehalt und Familienzuschlag. Rückblickend auf 2019 wird das so umgesetzt, dass es erst ab 1. Dezember die prozentuale Erhöhung gibt und für die Monate zuvor eine Einmalzahlung von 1.000 Euro gezahlt wird. Für die Honorare gilt das analog.

HR | Im Hessischen Rundfunk wurden die Verhandlungen nach vier Runden am 8. Januar abgeschlossen. Danach steigen die Gehälter ab 1. Januar 2020 in den nächsten drei Jahren stufenweise um insgesamt 6,2 Prozent. Ab 1. Oktober 2020 wird ein Familienzuschlag von 140 Euro monatlich gezahlt. Zudem gibt es pro Jahr zwei „Gesundheitstage“, das heißt zwei zusätzliche freie Tage. Jeweils zum 1. Januar 2020 und 2021 schlägt noch eine Einmalzahlung von 650 Euro bzw. 500 Euro zu Buche.

Zeitnah soll über Alternativen zur Altersteilzeit verhandelt werden, da der HR die Fortführung der bisherigen Altersteilzeitregelung ausgeschlossen hat. Am 27. Januar wurde auch für die freien Mitarbeiter*innen ein Abschluss bei den Honoraren im gleichen Volumen wie der Tarifabschluss der Festangestellten erreicht. Weitere Verbesserungen betreffen das Job-Ticket und die Kindergeldzahlungen für Freie.

SR | Im Saarländischen Rundfunk konnten sich die Gewerkschaften am 14. Februar 2020 nach langwierigen und schwierigen Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeber auf ein Eckpunktepapier einigen, dem die ver.di-Mitgliederversammlung in der Folge mit deutlicher Mehrheit zugestimmt hat. Für Freie und Angestellte verbessert sich danach das Einkommen ab dem 1. Mai 2019 in drei Stufen bis 2021 um insgesamt 6,15 Prozent. Auch Auszubildende und Volontäre erhalten mehr Geld. Sonderzahlungen für Angestellte werden erhöht, ebenso wie die Urlaubsbemessungsgrenze für Freie. Dazu kommen unter anderem bereits ausgezahlte Einmalzahlungen für Freie, Angestellte, Azubis und Volontäre und der Kinderzuschlag entsprechend den Tariferhöhungen. Für nicht im Haushalt lebende Angehörige werden vier Pflegetage gewährt.

Der Honorarausschuss des SR beginnt vor Ostern mit einer Analyse der Honorarstruktur und der Entwicklung einer aufwandsgerechten Honorierung mit Blick auf die Crossmedialität und UnserDing. Eine Einigung soll bis 30. April 2021 erfolgen. Der SR erklärt sich bereit, bis zum 31. Dezember 2024 auf betriebsbedingte Kündigungen für Angestellte und 12a-Freie zu verzichten.

DLR | Im Deutschlandradio einigten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber im Dezember 2019 in der fünften Verhandlungsrunde nach langen und sehr schwierigen Verhandlungen auf Eckpunkte, die am 31. Januar festgeklopft wurden. Die Gehälter steigen somit für Festangestellte linear ab 2019 rückwirkend bis 2021 um insgesamt 6,75 Prozent. Als tarifliche Sonderleistung wird 2020 einmalig ein doppeltes Urlaubsgeld gezahlt. Unter anderem wurden desweiteren bis zu fünf zusätzliche freie Tage bei entsprechendem Gehaltsverzicht vereinbart. Deutschlandradio beteiligt sich pro in Anspruch genommenem Tag mit 1/5 des Gehaltsabzuges.

Ausgleich für entgangene Honorare

Freie Mitarbeiter*innen, einschließlich jener, die Honorarzeitverträge haben, bekommen eine lineare Honorarsteigerung um 4,5 Prozent mindestens jedoch um 1 Euro zum 1. April 2020. Weitere lineare Steigerungen erfolgen zum 1. April 2021 um 2,25 Prozent. Zudem hat man sich unter anderem auf Ausgleichszahlungen für entgangene Honorare und höhere Zahlungen bei Schwangerschaft geeinigt.

Die Laufzeit der Tarifverträge beträgt zwischen 33 und 36 Monate.


Weitere Informationen

Eine Übersicht zu den Tarifverträgen, die ständig aktualisiert wird, befindet sich auf der Rundfunk-Website von ver.di:

Direkt zur Übersicht

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schlaffe Tarifangebote bei der ARD

Programmeinschnitte, Sparmaßnahmen und minimale Tarifangebote der ARD. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisiert die Haltung der Sender und kündigt Proteste an. Im Rahmen der Tarifverhandlungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe es zwar erste Angebote vom Bayerischen Rundfunk (BR) und vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) gegeben. Die Angebote blieben aber laut ver.di weit hinter den berechtigten Forderungen der Mitglieder zurück. Sie liegen auch weit unter den Tarifabschlüssen anderer Branchen oder dem öffentlichen Dienst.
mehr »

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »