WOLFSBURG. Es war einer der zahlreichen Fälle von Telefonüberwachung, die die dju in ihrer Broschüre „journalismus konkret – Zeugnisverweigerungsrecht“ im dritten Teil „Hände weg von den Medien“ für den Zeitraum 2002 – 2007 auflistet – die Telefonüberwachung bei der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung. Rechtswidrig, wie jetzt das Landgericht Braunschweig festgestellt hat.
Oktober 2003: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig lässt die Telefonate von zwei Journalisten der WAZ überwachen, die Verbindungsdaten von Telefonen, Handys und Privatanschlüssen kontrollieren. Begründung: „Anstiftung zum Verrat von Dienstgeheimnissen“ und „Bestechung“. Die beiden Journalisten hatten in der WAZ Ermittlungsdetails über zwei Kriminalfälle berichtet und Pannen kritisiert. Um an die vermutlichen Informanten aus dem Polizeiapparat zu gelangen, wurde nicht nur ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Beamte eröffnet, sondern auch mit richterlicher Genehmigung eine Telefonüberwachung gegen die WAZ-Mitarbeiter angeordnet.
2005 wurden die Ermittlungsverfahren ergebnislos eingestellt. Ganze weitere vier Jahre dauerte es, bis das Landgericht Braunschweig einen juristischen Schlussstrich unter die Abhöraffäre zog. Michael Kalde, Gerichtssprecher in Braunschweig: „Die Überwachung war rechtswidrig.“ Für den Verdacht auf Bestechung hätten „keine Anhaltspunkte“ vorgelegen, sondern es habe sich vielmehr nur um eine „bloße Vermutung“ gehandelt. Diese aber reiche für die Anordnung einer Telefonüberwachung nicht aus.
Das Urteil ist eine eindeutige Absage an staatsanwaltschaftlichen Überwachungs- und Ermittlungswahn und gegen vorschnelle richterliche Genehmigungspraxis.
In der dju-Broschüre zum Zeugnisverweigerungsrecht heißt es: „Es ist kein Fall bekannt, in dem ein Verfahren gegen Journalisten erfolgreich für die Ermittler abgeschlossen wurde. Vielmehr belegen viele Urteile der Landgerichte und auch des Bundesverfassungsgerichts ein rechtswidriges Vorgehen der Ermittlungsbehörden.“ So auch dieses Mal in Braunschweig.