Mit dem Schlagstock gegen Journalisten

Polizeiwagen und Blaulicht Polizei

Symbolfoto: 123rf

Bei der Demonstration gegen ein geplantes Versammlungsgesetz für NRW am 26. Juni in Düsseldorf kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstrant*innen. Dabei geriet ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur zwischen die Fronten. Er wurde nach eigenen Angaben von einem Beamten mehrfach mit einem Schlagstock geschlagen und berichtete von mindestens einem weiteren Kollegen, der ebenfalls angegriffen worden sei. Die dju in ver.di protestiert gegen die Angriffe auf Medienvertreter*innen und fordert schnellstmögliche Aufklärung.

Zu der Demo hatte ein Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten“ aufgerufen, an dem sich vor allem politisch linksstehende Gruppen, Organisationen und Parteien beteiligten. Auch größere Gruppen von Fußballfans aus Köln und Düsseldorf demonstrierten anfangs mit. Die Veranstalter schätzten die Zahl der Teilnehmer*innen auf 8000. Die Polizei ging in der Spitze von ungefähr 3000 Demonstranten aus.

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di NRW fordert die lückenlose Aufklärung dieses offenbaren Angriffs auf die freie Berichterstattung. „Gewalt gegen Reporter*innen und Fotograf*innen durch Polizeibeamt*innen sind ein massiver Angriff auf das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit. Dass sich dies ausgerechnet bei einer Demonstration ereignet, die sich gegen zu weitgehende Rechte der Ordnungshüter und Einschränkungen des Demonstrationsrechts wendet, hält die dju NRW für besonders pikant“, heißt in einer Medieninformation.

Die Deutsche Presse-Agentur protestierte gegen den gewaltsamen Übergriff auf ihren Mitarbeiter und andere Journalisten. dpa-Chefredakteur Sven Gösmann nannte den Vorgang einen „nicht hinnehmbaren Angriff auf die Pressefreiheit“. In einem Schreiben an den zuständigen nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte er die lückenlose Aufklärung der Geschehnisse.

Reul sagte der dpa am Tag nach der Demonstration: „Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Deshalb prüfen wir den Sachverhalt genau und klären die Vorwürfe sorgfältig auf. Sorgfältig heißt aber auch: Wir machen keine Schnellschüsse.“ Sein Sprecher stellte eine ausführliche Information „in den kommenden Tagen“ in Aussicht.

Die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag beantragte nach eigenen Angaben eine Aktuelle Stunde zu den Geschehnissen. Es stehe „der schwerwiegende Vorwurf eines Angriffs auf die Versammlungsfreiheit und die Pressefreiheit im Raum“, hieß es im Antrag. Auch die Grünen-Fraktion kündigte die Beantragung einer Aktuellen Stunde an.

Der Landesverband der Linkspartei erklärte, rechtlich gegen den Polizeieinsatz vorgehen zu wollen. „Das Verhalten der Polizei war eindeutig unverhältnismäßig und mutmaßlich illegal“, teilte der innenpolitische Sprecher des Landesverbandes, Amid Rabieh, mit. Der Polizeieinsatz mache deutlich, warum NRW dringend ein freiheitliches Versammlungsgesetz brauche, das die Grundrechte stärke und auch die Polizei zur Deeskalation, Kooperation und zum Konfliktmanagement verpflichte, erklärte Landesvorstand Fotis Matentzoglou.

In dem Gesetz will die Landesregierung dpa zufolge unter anderem mit einem sogenannten Militanzverbot der Polizei eine bessere Handhabe bei Aufmärschen von Extremisten geben. Versammlungen unter freiem Himmel, die Gewaltbereitschaft vermitteln und Einschüchterung betreiben, sollen grundsätzlich verboten werden.

Das hinter der Demo stehende Bündnis sieht in dem geplanten Gesetz dagegen einen „erheblichen Angriff“ auf die Versammlungsfreiheit. Befürchtet werde unter anderem, dass Anmelder von Versammlungen künftig umfangreiche Angaben machen müssten, unter Umständen sogar über die persönlichen Daten von Ordnern. Auch der Zugang zu Versammlungen könnte durch die Polizei erheblich erschwert oder gar unterbunden werden, erklärte das Bündnis. Bemängelt werde auch, dass in dem Gesetz ein Deeskalationsgebot ebenso fehle wie die Pflicht für Zivilpolizisten, sich zu erkennen zu geben.

Das Gesetz wurde im Januar in den Landtag NRW eingebracht und befindet sich noch in der Beratung.


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