Corona und kein Ende: Neustarthilfen 2022

Das Kunstwerk „Alles Corona - oder was?“ von Nico Mohr stand vor einem Jahr im Wartebereich des Impfzentrums Straubing. Die Gemeinschaft Bildender Künstler der niederbayerischen Stadt stellte trotz Lockdown aus - im Impfzentrum in der Messehalle. Dort waren etwa 80 Gemälde, Skulpturen, Objekte und Installationen von 42 Künstlern zu sehen.
Foto: pictures alliance/ dpa/ Armin Weigel

Soloselbstständige, Freiberufler und kurz befristet beschäftigte Künstler*innen können seit dem 14. Januar für das erste Viertel des neuen Jahres Gelder aus der bundesweiten Neustarthilfe 2022 beantragen. Wenn die wirtschaftliche Tätigkeit corona-bedingt weiter eingeschränkt ist und der Umsatzeinbruch mindestens 30 Prozent beträgt, werden für den Zeitraum Januar bis März bis zu 4500 Euro gewährt. So gefördert werden insbesondere Soloselbständige, die nur geringe betriebliche Fixkosten haben.

Der Berechnung der Neustarthilfe 2022 werden lediglich die Umsätze im Vergleichszeitraum zugrunde gelegt, nicht jedoch die Betriebskosten. Bezugspunkt ist das Jahr 2019. Alternativ können Januar oder Februar 2020 herangezogen werden. Der Antrag kann direkt gestellt werden.

Die Gelder werden zunächst als Vorschuss ausgezahlt. Erst nach Ablauf des Förderzeitraumes wird auf Basis des endgültig erzielten Umsatzes die exakte Höhe der Neustarthilfe 2022 berechnet, auf die Anspruch besteht. Der Vorschuss darf in voller Höhe behalten werden, wenn Umsatzeinbußen 60 Prozent oder mehr betragen haben. Fallen sie geringer aus, ist die Neustarthilfe 2022 (anteilig) zurückzuzahlen.

Antragsberechtigt sind Soloselbständige und Freiberufler, die mindestens 51 Prozent ihrer Einkünfte aus selbständiger oder freiberuflicher Tätigkeit beziehen. Die Frist zur Beantragung der aktuellen Hilfen endet am 30. April. Die finale Abrechnung wird bis Ende Juni 2022 erwartet.

Grundsätzlich antragsberechtigt sind auch kurz befristet – maximal 14 Wochen – Beschäftigte der Darstellenden Künste und unständig Beschäftigte anderer Branchen, wenn ihre freiberuflichen oder gewerblichen Einkünfte überwiegend aus selbständiger Tätigkeit stammen. Allerdings gelten dann weitere Besonderheiten.

Unternehmen der Kultur- und Veranstaltungsbranche, die infolge der Corona-Regelungen wegen Unwirtschaftlichkeit freiwillig geschlossen haben, können zudem – zunächst zeitlich befristet – vom 1. bis 31. Januar 2022 Überbrückungshilfe IV beantragen. Das muss jedoch über prüfende Dritte, in der Regel Steuerberater*innen, geschehen.

Hilfen, die helfen…

Die Hilfen sind mittlerweile transparent geregelt und auf die Arbeits- und Lebensrealität von Freien, Soloselbstständigen und kreativ Tätigen zugeschnitten. Das war bekanntlich nicht immer so. In der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 verließen sich auch viele Kreative auf die Verheißung von Soforthilfen der Länder und des Bundes. Doch sollten die Gelder, wie erst nachträglich klargemacht wurde, im Wesentlichen nur betriebliche Fixkosten ersetzen und nicht für die Lebenshaltung eingesetzt werden.

In Berlin gab es zunächst zugeschnittene Landeshilfen; auch in Baden-Württemberg konnten Soforthilfen anfänglich wegen Umsatzeinbrüchen beantragt werden, es war von einem „nicht rückzahlbaren Zuschuss“ die Rede. Nach zwei Wochen wurde das geändert. Monate später folgten Kontrollen. Noch heute gibt es deshalb Streit. Die L-Bank in Stuttgart hat von Soforthilfeempfängern gerade nochmals „zusätzliche Angaben“ zur Prüfung erbeten. Mit Stand November 2021 ging man davon aus, dass in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg insgesamt etwa sieben bis acht Prozent der geleisteten Soforthilfen zurückgezahlt werden müssen.

… oder tickende Zeitbomben

Bundesweit geht es laut „Handelsblatt“ insgesamt noch um Rückforderungen von 287,8 Mio. Euro. Da die Rückzahlungen viele Betroffene überfordern, gelten sie als „tickende Zeitbombe“. Die Modalitäten lägen allein in Verantwortung der Bundesländer, heißt es beim Bund. Und die agieren unterschiedlich: Nordrhein-Westfalen etwa hat mit einer „Vertrauensschutzlösung“ 2000 Euro für die Monate März und April 2020 als fiktiven Unternehmerlohn übernommen. Hier wurden außerdem bis Dezember 2021 freiwillig 879 Millionen Euro zurückgezahlt. Ansonsten hat NRW für Rückzahlungen die Frist bis Oktober 2022 verlängert, Bayern und Niedersachsen ebenfalls. Einige Länder bieten auch eine Stundungs- und Ratenzahlung an. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte schon vor Wochen solche Fristverlängerungen bei den Ländern angeregt.

Das ver.di-Referat Selbstständige aktualisiert auf seinem Corona-Infopool ständig Meldungen zum Umgang mit Hilfen und Fördermöglichkeiten. ver.di-Mitglieder, die wegen Rückzahlungsforderungen in Schwierigkeiten geraten, können sich über ihre Fachgruppen und Landesbezirke beraten lassen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Was tun gegen defekte Debatten

Das Land steckt in der Krise und mit ihm die Diskussionskultur. Themen wie Krieg und Pandemie, Migration und Rechtsextremismus polarisieren die politische Öffentlichkeit. In ihrem Buch „Defekte Debatten: Warum wir als Gesellschaft besser streiten müssen“ suchen Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin an der FU Berlin und Korbinian Frenzel, Journalist und Redaktionsleiter Prime Time bei Deutschlandfunk Kultur, nach Auswegen aus der diskursiven Sackgasse.
mehr »

Content, Streaming und Transformation

Medienkonvergenz erfordert neue Geschäftskonzepte und eine funktionierende Infrastruktur. Doch beides ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Wie? Das wurde auf einer der weltgrößten Telekommunikationsmessen diskutiert: Der Anga Com in Köln. Auf der Kongressmesse für Breitband, Fernsehen und Online wird auch das neue Digitalministerium in die Pflicht genommen.
mehr »

Breiter Protest gegen Radiokürzungen

Als die Bundesländer im vergangenen September Reformvorschläge für ARD, ZDF und Deutschlandfunk vorgelegt haben, war klar: Diese beinhalten starke Kürzungen. Die ARD-Häuser müssen im Auftrag der Politik über die Verringerung von Radiowellen entscheiden. Die Anzahl der regionalen Hörfunkprogramme in der ARD soll demnach von rund 70 Wellen auf 53 sinken. Dagegen regt sich breiter Protest.
mehr »

Filmtipp: Code der Angst

Der Filmemacher Appolain Siewe spürt in seinem Film „Code der Angst“ der Ermordung des kamerunischen Journalisten Eric Lembembe nach. 2013 wird der junge Journalist und LGBTI*-Aktivist Lembembe in Kamerun ermordet. Dieses und weitere Verbrechen gegen Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, lassen Appolain Siewe keine Ruhe. Der Filmemacher ist in Kamerun geboren und aufgewachsen und lebt heute in Berlin.
mehr »