Drei betriebsbedingte Kündigungen in der Anzeigenabteilung taz Nord überschreiten für ver.di und viele in der taz-Belegschaft eine rote Linie. Im Zuge weiterer Digitalisierung von Produktionsabläufen hatte die Geschäftsführung den Vertriebsbeschäftigten aus Bremen und Hamburg Arbeiten mit Präsenzpflicht in Berlin angeboten und sie inzwischen betriebsbedingt gekündigt, statt ihnen Homeoffice von Hamburg oder Bremen aus zu ermöglichen. Am 4. April wurde der Unmut darüber vor dem Berliner taz-Gebäude öffentlich gemacht.
„Wir haben einen Konsens in der taz: Solidarität und Fairness. Vorstand und Geschäftsführung verlassen mit den 3 betriebsbedingten Kündigungen diesen Weg“, stand im gewerkschaftlichen Aufruf zu der Protestaktion in der Mittagspause. Alle taz-Beschäftigten wollten, dass die taz sich verändert und digitalisiert, hieß es weiter. Dies müsse aber sozialverträglich und fair ablaufen. Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, müsse die Geschäftsführung den drei Beschäftigten der Anzeigenabteilung Nord einen neuen Arbeitsplatz zu fairen und machbaren Arbeitsbedingungen anbieten. Einen Umzug nach Berlin oder mehrmaliges Pendeln im Monat könnten sich „keine normalen taz-Beschäftigten“ leisten.
Die Kritik greift zudem tiefer: Seit zwei Jahren arbeiten bei der taz Redaktion und Verlag corona-bedingt weitgehend im Homeoffice und machen remote erfolgreich Zeitung. Die Geschäftsführung der taz Verlags- und Vertriebs GmbH rede Homeoffice und mobiles Arbeiten in einer aktuellen Stellungnahme jedoch schlecht und stelle so zwei Jahre erfolgreichen Zeitungsmachens infrage. „Was sind das denn für Signale und Vorzeichen, wenn wir erst richtig anfangen, die taz auf den Kopf zu stellen und zu digitalisieren?“, fragen ver.di-Aktive. Vor diesem Hintergrund will nun der Betriebsrat die Geschäftsführung zeitnah auffordern, über eine Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung zu verhandeln.
Bei der mittäglichen Protestaktion, zu der die übergroße Mehrheit aller im taz-Gebäude in der Friedrichstraße aktuell Tätigen nach draußen kam, erneuerte Betriebsratsvorsitzender Wolf Vetter die Forderungen. Er verlas auch Solidaritätserklärungen für die Gekündigten. Die drei Kolleg*innen der Anzeigenabteilung Nord hätten es trotz personeller Schwächung geschafft, „die Arbeit zwischen Bremen und Hamburg neu zu verteilen und zusammenzuführen, und nebenbei überregionale“ Vertriebsaufgaben zu übernehmen. Deshalb seien der Vorwurf, die Zusammenarbeit sei über die Distanz nicht erfolgreich gewesen, und die jetzige Kündigungen „ziemlich dreist“, schrieb der Betriebsrats Nord der taz. Solidarität bekunden auch die taz-Auslandskorrespondent*innen. Sie fordern die „Verantwortlichen in der taz dazu auf, eine für alle akzeptable Lösung für die drei MitarbeiterInnen“ zu finden.
„Ein guter Auftakt“ war die Protestkundgebung für Jörg Reichel, Landesgeschäftsführer dju in ver.di Berlin-Brandenburg, der dazu eingeladen hatte. „Die Geschäftsführung muss akut handeln und die Kündigungen sofort zurücknehmen. Den drei Anzeigenleuten aus dem Norden – die übrigens alle um die 60 Jahre alt sind – muss ein ordentliches Angebot zur Weiterbeschäftigung vorgelegt werden“, so der Gewerkschafter.