Fast ein Jahr ist es her, dass die Fotojournalistin Anja Niedringhaus in Afghanistan ermordet wurde. Mit der Ausstellung „Bilder vom Krieg“ ehrt die Galerie für Fotografie in Hannover (GAF) die erfolgreiche Kriegsberichterstatterin. Niedringhaus war 2012 in Hannover als Referentin beim LUMIX Festival für jungen Fotojournalismus zu Gast gewesen.
Berühmt gemacht haben sie ihre Aufnahmen aus Kriegsgebieten und Krisenregionen. Ein Großteil der rund 100 in Hannover gezeigten Fotos entstammt diesem Genre. Sie entstanden in Afghanistan, im Irak, im Gazastreifen. Einige davon hatte Niedringhaus kurz vor ihrem Tod aufgenommen. Räumlich abgegrenzt innerhalb der Ausstellung wird aber auch eine ganz unkriegerische Bilderserie präsentiert. Es sind Porträts stolzer Frauen, weibliche Abgeordnete, die nach dem Sturz der Taliban 2001 ins afghanische Parlament eingezogen waren.
Unter den internationalen Kriegsberichterstattern gibt es nur wenige Frauen und Anja Niedringhaus war eine der erfolgreichsten. Für ihre Berichterstattung aus dem Irak gewann sie 2005 gemeinsam mit einem Team von AP-Fotografen den Pulitzer-Preis.
Unter den in der Ausstellung präsentierten Fotos sind auch einige ihrer bekanntesten. Etwa das eines Soldaten mit Gewehr auf dem Rücken, aus dessen Lauf ein Blütenzweig ragt, oder die sich aus einer Rucksacktasche reckende Barbie-Puppe GI Joe.
Was ist das Charakteristische an Niedringhaus’ Bildern, was der Unterschied zu den Bildern anderer Elite-Fotografen? Für Rolf Nobel, Fotojournalistik-Professor an der Hochschule Hannover, der bei der Ausstellungseröffnung das erste Wort hatte, waren es Niedringhaus’ Interesse für die Opfer und das frei sein von jeder Form fotografischer Effekthascherei. Für Roland Meyer-Arlt, einstiger Kollege der Fotografin beim „Göttinger Tageblatt“, war es ihr vor allem ihr „besonderer Blick“.
Um die Brutalität des Krieges deutlich zu machen, braucht es nicht die Darstellung zerfetzter Körper – Niedringhaus vermochte es etwa durch ihr Foto eines Soldaten, der nach einem Huhn tritt. Sie verstand es nicht nur, menschliches Leid sichtbar machen, sondern auch unbeschwerte Momente, die es selbst im Kriegsalltag gibt, und Szenen voller Lebensfreude, wie beispielsweise junge, Burka tragende Palästinenserinnen, die an einem Strand im Gazastreifen einem Fußball hinterherjagen. Besonders berührend ist das in der Morgendämmerung aufgenommene Foto eines deutschen Soldaten in Afghanistan, der irgendwo in den Bergen auf einem Feldbett sitzt, ganz in sich versunken, neben sich eine geöffnete Pappschachtel, in der mehrere kleine Kerzen brennen: Es ist sein Geburtstag.
Ein besonderes Augenmerk der Fotografin galt Kindern. Eines der Bilder zeigte einen vielleicht zehnjährigen Jungen, der übermütig einen Drachen in die Luft wirft. So sieht „unendliche Leichtigkeit des Seins“ aus. Unter dem Bild steht „Afghanistan, April 2014“. Am 4. April starb Anja Niedringhaus.
Dass AP der Galerie rund 500 Foto-Scans zur Verfügung stellte, war Michael Ebert zu verdanken, einem der Kuratoren. Der Fotograf hatte Anja Niedringhaus persönlich gekannt. Von ihm stammte auch die Idee für die ungewöhnliche Präsentation der Fotos: die Ausdrucke (auf Baryt-Papier) kleben direkt an der Wand, ohne Passepartout und ungerahmt, denn Passepartouts und Rahmen schafften unvermeidlich Distanz.
Die Ausstellung „Bilder vom Krieg“ ist bis zum 12. April 2015 in der Galerie für Fotografie (GAF), Seilerstraße 15d, 30171 Hannover zu besichtigen. Öffnungszeiten: donnerstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr.
www.gafeisfabrik.de
http://www.fotofestival-hannover.de/vortraege2012.html