Massive Kritik an Einsparplänen bei der Ostsee-Zeitung

Screenshot: https://www.ostsee-zeitung.de/

Bei der „Ostsee-Zeitung“ (OZ) gibt es umfangreiche Einsparpläne. Am Mittwochnachmittag wurden Betriebsrat und nur eine Stunde später die Beschäftigten der zum Madsack-Konzern und damit zur SPD-Medienholding ddvg gehörenden Zeitung darüber informiert. Die Pläne sehen die Einstellung des „Ostsee-Anzeiger“ zum Jahresende, die Schließung des Druckstandortes, des Anzeigensatzes und der Bildbearbeitung vor. Die Leser*innen erfuhren am Donnerstag, dass ihre OZ bereits im ersten Quartal 2023 ins Berliner Format umgestellt und beim „Nordkurier“ in Neubrandenburg gedruckt werden soll.

ver.di Nord und der DGB Nord verurteilen diese „überraschend bekannt gegebenen“ Pläne.  „Die Überrumpelungstaktik, mit der die Unternehmensführung die geplanten Maßnahmen kommuniziert hat, ist zeitlich wie inhaltlich unakzeptabel und wird von uns so nicht hingenommen, so Conny Töpfer stellvertretende Landesleiterin von ver.di Nord. „Hier sollen Dutzende Kolleginnen und Kollegen ihren Arbeitsplatz verlieren, die über viele Jahre durch Einkommensverzicht dem Unternehmen wirtschaftliche Spielräume eröffnet haben.“ Es sei unerträglich, dass ein Unternehmen, das nachweislich Millionenüberschüsse erwirtschaftet hätte, den Strukturwandel in den Medien einseitig zu Lasten der Beschäftigten bewältigen wolle. Das werde einen massiven Protest hervorrufen, betonte die Gewerkschafterin weiter.

„Vor allem empört uns, dass hier ein tarifgebundener Betrieb geschlossen und Aufträge an tariflose Firmen vergeben werden sollen. Wir fordern die Verlagsleitung auf, auch die Härtefallhilfen des Bundes und des Landes aktiv zu nutzen, um den Arbeitsplatzabbau bei der OZ abzuwenden“, erklärte Ingo Schlüter, stellvertretender Vorsitzender des DGB Nord. Unter den Betroffenen seien zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahrzehnten bei der größten Tageszeitung Mecklenburg-Vorpommerns arbeiten.

Auch die SPD trage eine besondere Verantwortung für die Beschäftigten bei der Ostsee-Zeitung und die Medienvielfalt im Land, heißt es in einer Pressemitteilung. Die SPD müsse jetzt über ihre Medienholding ddvg, mit der die Partei der größte Gesellschafter des OZ-Mutterkonzerns Madsack sei, gegen die Verlagspläne aktiv werden, so Schlüter weiter.

Die Ostsee-Zeitung hatte zuletzt ein Jahresergebnis von knapp neun Millionen Euro ausgewiesen. Als Grund für die Schließungen wurden zu geringe Auslastung, etwa der Druckerei nach der Einstellung des Anzeigenblattes, und zu hohe Kosten im Vergleich zu tariflosen Anbietern auch beim Anzeigensatz und der Bildbearbeitung angeführt.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Negativrekord der Pressefreiheit

Mehr Übergriffe im Umfeld von Wahlen und eine Rekordzahl von Ländern mit katastrophalen Bedingungen für Medienschaffende. Die Lage der Pressefreiheit hat sich im weltweiten Vergleich weiter deutlich verschlechtert. Dies geht aus der Rangliste der Pressefreiheit 2024 von Reporter ohne Grenzen (RSF) hervor. Der Analyse zufolge befanden sich im vergangenen Jahr 36 Länder in der schlechtesten Wertungskategorie. Das sind so viele wie seit mehr als zehn Jahren nicht.
mehr »

Medienhäuser müssen Journalisten schützen

„Die Pressefreiheit ist auch in Deutschland zunehmend bedroht”, kritisiert die Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di, Tina Groll, zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. Die dju in ver.di verzeichne mit großer Sorge eine wachsende Anzahl der Angriffe, die die Gewerkschaft für Medienschaffende in einem internen Monitoring festhält.
mehr »

Beitragsanpassung unter der Inflationsrate

Seit die aktuelle Empfehlung der KEF zur Beitragsanpassung vorliegt, gibt es mehrere Ministerpräsidenten, die eine Zustimmung zu einer Erhöhung kategorisch ausschließen. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht vor drei Jahren bereits geurteilt, dass sich ein Bundesland dem Vorschlag der KEF im bislang gültigen Verfahren nicht einfach so widersetzen darf. M sprach mit dem KEF-Vorsitzenden Prof. Dr. Martin Detzel über die aktuelle Debatte um die Rundfunkfinanzierung.
mehr »

Filmtipp: Die Mutigen 56

Hin und wieder ist es gar nicht verkehrt, sich bewusst zu machen, wie gut es uns in vielerlei Hinsicht geht. Jedenfalls gemessen an anderen Zeiten. Vieles von dem, was uns heute selbstverständlich erscheint, musste erst erkämpft werden, zum Beispiel die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall; davon erzählt das sehenswerte Dokudrama „Die Mutigen 56 – Deutschlands längster Streik“.
mehr »