Presserat mit neuen Online-Richtlinien – „Bild“ kassiert mehrere Rügen

Der Deutsche Presserat hat seinen Pressekodex mit Blick auf spezifische Erscheinungs- und Veröffentlichungsformen in Online-Medien erweitert. Im Mittelpunkt steht dabei die Verantwortung der Presse für Online-Beiträge, die von Nutzern zugeliefert werden.

Nutzerbeiträge (User-Generated Content) müssen als solche klar erkennbar sein, heißt es in der neuen Richtlinie 2.7. Die Redaktion ist verpflichtet, Verstöße gegen die Presseethik auch durch Kommentare von Nutzern zu beseitigen, sobald sie diese selbst erkennt oder darauf hingewiesen wird. Eine weitere Änderung gibt es in der Richtlinie 2.6. Danach dürfen unter Pseudonym veröffentlichte Online-Nutzerbeiträge auch als Leserbrief in einer Printausgabe veröffentlicht werden, wenn auf die Quelle hingewiesen wird. Richtlinie 3.1 schließlich hält jetzt fest, dass bei Online-Veröffentlichungen eine Richtigstellung mit dem ursprünglichen Beitrag verbunden wird bzw. dass sie, wenn sie in dem Beitrag selbst erfolgt, kenntlich gemacht wird.

Die Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserates haben in ihren Märzsitzungen sieben öffentliche Rügen ausgesprochen. Hauptabnehmer sind „Bild“ und „Bild Online“. Erneut wurden vor allem die identifizierende Berichterstattung und die Missachtung des Opferschutzes gerügt. In einem Fall wurde nicht davor zurückgeschreckt, ein Foto zu veröffentlichen, welches der Täter während der Vergewaltigung als „Trophäe“ angefertigt hatte. Auch wenn das Gesicht des Opfers verfremdet war, wurde das als „besonders gravierende Verletzung der Würde des Opfers“ bewertet. „Bild Hamburg“ berichtete über den Mordprozess gegen einen 16-Jährigen. Der Angeklagte war in dem Beitrag mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen und Wohnort genannt worden. Der Artikel enthielt zudem sein Porträtfoto. Ein schwerer Verstoß gegen den Pressekodex, da die Identität von Kindern und Jugendlichen einen besonderen Schutz genießt, auch bei schweren Straftaten.
Drei Rügen wurden wegen Schleichwerbung ausgesprochen. Es gab zudem 17 Missbilligungen und 42 Hinweise. 78 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet.

wen

Der überarbeiteten Pressekodex und mehr über die Ergebnisse der Beschwerdeausschüsse unter www.presserat.de

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »