Klage gegen Staatstrojaner als unzulässig abgewiesen

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Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Klage von Reporter ohne Grenzen (RSF) gegen den Einsatz sogenannter Staatstrojaner durch den Bundesnachrichtendienst (BND) als unzulässig zurückgewiesen. Das Gericht verneinte, dass die Organisation selbst betroffen sei. Das letzte Wort habe jetzt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. RSF werde Verfassungsbeschwerde einlegen. Denn das Ziel sei nach wie vor „ein Verbot des Einsatzes von Staatstrojanern durch den BND gegen unverdächtige Nebenbetroffen“, erklärte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr.

„Bei Reporter ohne Grenzen kommunizieren wir regemäßig mit ausländischen Journalistinnen, Journalisten und Regierungsstellen. Deshalb sehen wir durchaus die Gefahr, dass der BND uns mittels Staatstrojaner ausspäht. Beweisen können wir das nur leider nicht, denn der BND informiert uns darüber natürlich nicht“, so Mihr. „Zumindest hat uns der Gerichtstermin die Gewissheit gebracht, dass der BND den Staatstrojaner tatsächlich nutzt und wir somit potenziell gefährdet sind – ebenso wie Medienschaffende, die mit Zielpersonen des BND in Kontakt stehen. Das verletzt den journalistischen Quellenschutz und ist eine echte Gefahr für die Kolleginnen und Kollegen.“

RSF hatte im Oktober 2021 mit Unterstützung des Berliner Rechtsanwalts Niko Härting vor dem Bundesverwaltungsgericht zunächst einen Eilantrag eingereicht, den das Gericht im November 2021 abgelehnt hatte. Am 25. Januar fand nun der erste und einzige Termin im Hauptverfahren statt. Dabei habe das Gericht vier Experten des BND angehört. Sie hätten bestätigt, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst sowohl in der Inland-Ausland- als auch in der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung sogenannte Staatstrojaner verwendet habe, berichtet RSF in einer Pressemitteilung. Mittels dieser Spähsoftware könne der BND in Smartphones und Computer einer Zielperson eindringen und dort verschlüsselte Nachrichten abrufen. Die Nachfrage von Rechtsanwalt Härting, ob der BND auch die umstrittene Spionagesoftware Pegasus benutze, wie 2021 Recherchen von Süddeutscher Zeitung, Zeit, NDR und WDR ergeben hätten, ließ das Gericht nicht zu. Mithilfe von Pegasus könnte sämtliche verschlüsselte wie unverschlüsselte Handykommunikation abgehört und mitgelesen werden.

RSF wird nun gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Aus Sicht von RSF sei eine grundsätzliche Neuregelung des deutschen Verfassungsschutzrechts nötig, die die Überwachung von Medienschaffenden als Mittel zur Verfolgung von Verdachtspersonen ausschließe. Im Juni 2021 habe der Bundestag den Nachrichtendiensten zusätzliche Rechte eingeräumt, heißt es bei RSF.

 

 

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