Yorck-Kinos streiken zur Berlinale

Warnstreik der Beschäftigten in den Yorck-Kinos vor dem Berlinale Festivalgelände am Potsdamer Platz. Sie fordern höhere Löhne und dafür ein verbessertes Angebot in den laufenden Tarifverhandlungen. Foto: Christian von Polentz

Den Start der Berlinale am 16. Februar nutzten Mitarbeitende der Yorck-Kinos, um für höhere Löhne und weniger befristete Arbeitsverträge am Potsdamer Platz zu demonstrieren. Aufgerufen dazu hatte ver.di. Es sei ein Unding, dass 45 Prozent der Beschäftigten nur einen befristeten Arbeitsvertrag hätten. Mittlerweile ist es der vierte Warnstreik der Mitarbeitenden der Gruppe, die elf Filmtheater  in Berlin betreibt und von denen einige den prestigeträchtigen Titel „Berlinale-Kino“ tragen. Am 17. Februar wurde weiter gestreikt, unter anderem im Berlinale Kino International. 

Die einen eilten mit ihren Berlinale-Karten durch die Absperrungen, Fans schrien verzückt die Namen ihrer Idole, die über den Roten Teppich zum Berlinale-Palast schritten. Mitarbeitende der Yorck-Kinos hatten hingegen ein sehr ernstes Anliegen, auf das sie ebenso lautstark, wenn auch hunderte Meter entfernt vor dem Shoppingcenter „The Playce“ aufmerksam machten. Banner und Plakate verdeutlichten ihre Forderungen, die mit Sprechchören verstärkt wurden: „Gute Filme, schlechte Löhne“ hieß es da unter anderem. Die Protestierenden verteilten Handzettel an Passanten und Shoppende.

Die Gewerkschaft ist derzeit in Tarifverhandlungen über die Stundenlöhne, die aktuell mit 12,50  Euro in der Einstiegsstufe zu niedrig seien. ver.di hatte im November und Dezember 2022 bereits erste Warnstreiks durchgeführt, um den Arbeitgeber zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Für ver.di untragbar: 45 Prozent der Gesamtbelegschaft der Yorck Kinos hätten aktuell nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Dabei dürften es laut Tarifvertrag nur zehn Prozent sein. In einigen Kinos, wie dem Yorck Kino Delphi Lux in Charlottenburg, liege die Befristungsquote sogar bei 75 Prozent. ver.di fordert, dass sich das Unternehmen an den Tarifvertrag hält und die Beschäftigten entfristet werden. 

Mehrfach wiederholte Jörg Reichel, der zuständige Gewerkschaftssekretär ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg, diese Forderungen. „Die Filmbranche feiert sich selbst.“ Sie sagten, sie wollten nicht Amazon, nicht Netflix, sondern sie wollten die „schnuckeligen Kinos“. Die Filmbranche müsse sich ehrlich machen. Viel öffentliche Kohle werde in rote Teppiche, in Sekt gesteckt. Aber man zeige den Leuten den Mittelfinger, die hinterher die Filme zeigten. Öffentliche Gelder dürfe es nur für Tariftreue geben, so Reichel. Er forderte Stundenlöhne von mindestens 13 Euro.

Reichel forderte den Geschäftsführer der Yorck-Gruppe, Heinrich-Georg Kloster auf, ein verbessertes Angebot auf den Tisch zu legen. „Das Unternehmen hat zahlreiche rote Linien überschritten“, so Reichel. Die Beschäftigten hätten Angst, durch einen Streik ihren Arbeitsvertrag zu verlieren. Viele fürchteten, dass ihre Verträge in den kommenden Wochen nicht verlängert würden. Reichel sagte, die Leute könnten von ihrer Arbeit nicht leben. Und erinnerte an die Gier der Unternehmen: So hätte der Vermieter des gegenüberliegenden Sony-Center mit dem mittlerweile geschlossenen Kino statt der 600.000 Besucher jährlich eine Million gewollt, der Erbengemeinschaft beim Colosseum im Prenzlauer Berg hätten die 400.000 Besucher nicht gereicht. Also: „Hört auf mit den Massenbefristungen. Hört auf mit den niedrigen Angeboten. Her mit dem Geld!“ 

Die am Freitag um 12 Uhr begonnenen Arbeitsniederlegungen sollen bis Samstag 2 Uhr andauern. ver.di befindet sich auch in Tarifverhandlungen mit dem Berlinale Kino von UCI. Die Gewerkschaft fordert auch hier höhere Entgelte. Insgesamt hat Berlin 98 Kinos.

Im Übrigen feiert sich die Kinobranche nicht nur zur Berlinale. Auch die am 16. Februar vorgestellt Kinobilanz des vergangenen Jahres zeige eine Tendenz zur Entspannung nach den Corona-Jahren: „Wir freuen uns über die klare Tendenz zur Normalisierung des Kinomarktes“, erklärte Peter Dinges, Vorstand der Filmförderungsanstalt. „Der Verlust im Vergleich zum vorpandemischen 2019 ist zwar nach wie vor bitter, aber im Jahresverlauf ist eine Erholung zu erkennen. Im Juni gab es im Vergleich zu 2019 sogar ein Plus.“ Die Zahlen von 2022: 78 Millionen verkaufte Kinotickets und ein Umsatz von 722 Millionen Euro. Das seien zwar immer noch rund 34 bzw. 29 Prozent weniger als 2019. Aber es sei im Vergleich zu 2021, als die Kinos im ersten Halbjahr weitestgehend geschlossen waren, beim Ticketverkauf eine Steigerung um 85 Prozent, beim Umsatz sogar um 93 Prozent.


21. Februar 2023

Das Berlinale FilmFrühstück der ver.di FilmUnion

Gut besucht und das über mehr als drei Stunden fand das erste FilmFrühstück nach der Pandemie in der Deutschen Oper Berlin am Berlinale-Samstag statt. Über 250 Filmschaffende, Schauspieler*innen und Freunde der ver.di FilmUnion genossen das fruchtig leckere Frühstück in einem entspannten Ambiente. Bei einem warmen Kaffee, Croissants und guter Stimmung war kennenlernen, vernetzen und informieren gut möglich. Viele Fragen, auch zum Tarifvertrag der Filmschaffenden und der Schauspieler*innen konnten diskutiert werden.

Der Verhandlungsführer der Schauspieler*innen (BFFS) und engagierte Gewerkschafter, Heinrich Schafmeister, betonte, dass Schauspieler*innen und Filmschaffende bei den Tarifverhandlungen gemeinsam einfach stärker seien und mehr durchsetzen könnten. Es sei ihm eine Freude, dass ver.di und der BFFS hier seit vielen Jahren erfolgreich eng zusammenarbeiten.

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