Stellenabbau und Programmkürzungen im RBB
Im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) regiert jetzt der Rotstift. Rund 49 Millionen Euro will Interims-Intendantin Katrin Vernau bis Ende 2024 einsparen. In diesem Zeitraum sollen etwa 100 von derzeit rund 1.600 Stellen abgebaut werden. Das TV-Programm wird hauptsächlich auf die Sendestrecke von 18 bis 22 Uhr eingedampft. Gewerkschaften und Beschäftigte reagieren empört auf den geplanten Kahlschlag. Während die Belegschaft bluten soll, streitet die gefeuerte Ex-Intendantin Schlesinger juristisch um üppige Ruhegelder.
Im Eiltempo räumt Katrin Vernau das von Schlesinger hinterlassene Chaos auf. Als erstes cancelte sie das hoffnungslos überteuerte Prestigeprojekt eines Digitalen Medienhauses. Von der früheren Geschäftsleitung sind inzwischen alle gegangen (worden). Statt eines vierköpfigen Direktoriums soll es künftig nur noch zwei Direktorien geben. Anfang März wählte der neu konstituierte Rundfunkrat die bisherige Kulturchefin Martina Zöllner zur neuen Programmdirektorin. Noch vakant ist die Position der geplanten kombinierten Verwaltungs- und Betriebsdirektion.
Allein die Personalkosten sollen um elf Millionen verringert werden. Das betrifft den Abbau von etwa 100 Stellen – eine Zielmarke, die durch den längst verhängten Stopp zur Nachbesetzung von Stellen erreicht werden soll, außerdem durch den Abbau von außerhalb des regulären Plans von Schlesinger geschaffener Stellen. Auch will Vernau die im ARD-Vergleich überdurchschnittlich hohe Anzahl außertariflicher Verträge perspektivisch halbieren. Ein klares Bekenntnis zu einem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen mochte sie bislang nicht abgeben.
Beim Programm geht es vor allem an die ambitionierten, aber die Möglichkeiten einer im ARD-Kontext eher kleinen Anstalt finanziell nicht stemmbaren Projekte. Die Federführung für das Studio Warschau wird an den Westdeutschen Rundfunk zurückgegeben. Auch das gemeinsam mit dem ZDF betriebene „Mittagsmagazin“ werde der RBB, so Vernau, „nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren können“. Immerhin: Die Regionalstudios in Cottbus und Frank-furt/Oder bleiben erhalten. Gleiches gilt für die sechs Radioprogramme des Senders.
Mächtig bluten muss dagegen das RBB-Fernsehen. Bleibt es bei den Sparansagen der Intendanz, dürfte der „Metropolensender“ auf ein vorwiegend regional orientiertes Kernprogramm schrumpfen. Erhalten bleiben auf jeden Fall die Informations-Flaggschiffe RBB24 Abendschau und RBB24 Brandenburg Aktuell. Weichen müssen aus Kostengründen vor allem Formate mit überregionaler Ausstrahlung. Nach der Einstellung von „Chez Krömer“ trifft es nun wohl auch „Thadeusz und die Beobachter“ sowie „Studio Orange“.
Finanzielle Belastungen in einstweilen unbekannter Höhe kommen auf den Sender noch durch Klagen einstiger Führungskräfte auf Zahlung von Betriebsrenten und Ruhegelder zu. Allein die fristlos entlassene Ex-Intendantin Patrizia Schlesinger will vor Gericht nach Angaben ihres Anwalts 18.384,54 Euro monatlich Versorgungsbezüge einklagen.
Für Vernau kommt es darauf an, „die Auswüchse des Systems Schlesinger wieder auf Normalmaß zurückzuführen und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“. Das kann dauern. Staatsanwaltschaft, Rechnungshöfe und externe Juristen ermitteln seit Monaten und durchforsten die Aktenberge nach Indizien für Vetternwirtschaft, Verschwendung und Veruntreuung. Auch die Ermittlungen selbst belasten den RBB-Etat. Eine erste Abrechnung der Anwaltskanzleien ergab Forderungen von 1,4 Millionen Euro, im Schnitt 250.000 Euro pro Monat. Der von der hauptsächlich tätigen Kanzlei Lutz/Abel zur letzten Sitzung des alten Rundfunkrats am 28. Februar angeforderte Zwischenbericht wurde nicht vorgelegt – trotz Absprache war die Kanzlei angeblich von der Compliance-Beauftragten nicht eingeladen worden.
Der neue Rat hat sich zwar Anfang März konstituiert. Unter den 18 neuen der insgesamt 30 Mitglieder ist auch Katja Karger, Vorsitzende des DGB-Bezirksvorstands Berlin-Brandenburg. Sie folgt auf Dieter Pienkny. Er engagierte sich mehr als zwei Jahrzehnte auf dem Ticket des Gewerkschaftsbundes im Rundfunkrat. Auf eine/n neue Vorsitzende/n konnte sich das Gremium, das in seiner alten Besetzung aufgrund mangelhafter Kontrolltätigkeit die skandalösen Zustände im Sender mitzuverantworten hatte, noch nicht einigen.
Dass die Beschäftigten diesem Treiben mit einer Mischung aus Wut und Empörung zusehen, versteht sich von selbst. Eine Misere auszubaden, die sie nicht zu verantworten haben, kommt für sie nicht infrage. Mit dem diszipliniert ausgetragenen ganztätigen Streik am 27. Januar setzten sie ein eindrucksvolles Signal. Nachdem sich die Intendanz in der laufenden Tarifrunde zunächst mit dem Hinweis auf leere Kassen hartleibig gab, scheint allmählich ein Umdenken einzusetzen. Zuletzt (23.2.) bot der Sender eine „Inflationsausgleichsprämie“ von bis zu 3.000 Euro an sowie eine mit 2,8 Prozent allerdings recht kümmerliche lineare Steigerung der Gehälter, Honorare und Vergütungen für Auszubildende (ab September 2023). Auch in Sachen Beschäftigungssicherung für langjährige Freie wollte der RBB an den Verhandlungstisch zurückkehren.