Streik in Hollywood für bessere Vergütung 

Der Schauspieler Christian Slater beim Protest der Gewerkschaft am Times Square in New York. Ihre Forderung: bessere Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen und klare Richtlinien für den Einsatz von KI in Film- und Fernsehproduktionen. Foto: Charles Sykes/Invision/AP

Auch deutsche Schauspielerinnen und Schauspieler könnten streiken, wenn die kommenden Tarifverhandlungen nicht zu vernünftigen Abschlüssen führen. Sie seien in jedem Fall solidarisch mit ihren US-Kollegen, denn die Probleme sind die gleichen, bekräftigt Heinrich Schafmeister vom Bundesverband Schauspiel (BFFS). Am 13. Juli hatte die US-Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA (Screen Actors Guild) den Ausstand beschlossen. Vorausgegangen waren ergebnislose Verhandlungen mit den großen US-Studios, bei denen es vor allem um bessere Vergütung und Regelungen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) ging. 

Gerade kommen mit „Barbie“ und „Oppenheimer“ zwei neue Blockbuster in die Kinos. Doch anders als sonst laufen zu den Premieren weltweit keine Stars über die roten Teppiche. In London wurde am besagten Donnerstag das Schaulaufen beim Film über den „Vater der Atombombe“ vorgezogen und verkürzt. Denn auch solches Marketing verbietet der Streik den Gewerkschaftsmitgliedern neben der eigentlichen Arbeit.

Die Gewerkschaftsvorsitzende Fran Drescher hatte in einem Interview mit „The Hollywood Reporter“ erklärt, die Angebote der Studios seien bislang entwürdigend und respektlos. Sie halten die Forderungen der Gewerkschaften für unrealistisch hoch. Immerhin streiken jetzt aber 170.000 Kreative. Denn schon seit dem 2. Mai haben die Drehbuchautoren ihre Arbeit ausgesetzt. 

Die oben genannten Probleme seien auch hier drängend, sagt Heinrich Schafmeister, 17 Jahre im BFFS-Vorstand und weiterhin zuständig für Tarifverhandlungen. Vor allem für die KI müssten Regeln festgelegt werden. „Bei den Synchron-Schauspielern ist die Lage schon jetzt akut. Denn KI kann nicht nur die Stimme erlernen, sondern auch die Art, sich auszudrücken und zu gestalten. Und diese Programme werden immer besser.“ Das mache den Einsatz des Schauspielers oder der Schauspielerin überflüssig. Noch sei das zwar nicht der Fall, aber absehbar. Außerdem müssten die gleichfalls durch die KI gefährdeten Dialogschreiber*innen geschützt werden. Denn, so fasst es Schafmeister zusammen: „Erst schmilzt unser Gage in der Hitze der Inflation, dann raubkopiert KI unsere Stimme, unseren Ausdruck, unser Talent und klaut am Ende unsere Jobs.“ Und er prophezeit: „Möglich ist schon jetzt vieles, es muss nur noch erschwinglich werden.“

Beim Einsatz der KI seien sie in den USA weiter, glaubt Schafmeister und verweist auf noch mehr Unterschiede. Dort gebe es bei den Dreharbeiten den Closed Shop. Jeder muss in der Gewerkschaft sein. Außerdem seien dort die Studios und die auftraggebenden Sender und Streamingdienste zusammen in einem Arbeitgeberverband organisiert. In Deutschland würde die Closed-Shop-Praxis gegen die Verfassung verstoßen. Hier dürfe niemand zur Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft gezwungen werden. „Und bei uns gehören zwar die Produzenten zur Arbeitgeberseite, gegen die gestreikt werden könnte, aber nicht die Sender und Streamingdienste.“ Während es mit Netflix und Sky Folgevergütungsregeln gebe, ausgehandelt gemeinsam mit ver.di, kritisiert er vor allem die einschneidende Gagensparpolitik bei ARD und ZDF. 

Schafmeister hofft auf eine Einigung bei den Tarifverhandlungen im Herbst zwischen dem Schauspielverband und ver.di mit der von Björn Böhning geführten Produzentenallianz. Er betont, dass die Einstiegsgage „hochverhandelt“ werden müsse. Sie sei jahrelang nicht gestiegen und müsse nach Corona und mit der Inflation dringend angepasst werden. In Deutschland gibt es laut Bundesverband 15.000 bis 16.000 Schauspielerinnen und Schauspieler, von denen rund 4.000 im Verband organisiert sind. 

Der Schauspieler erinnert an eine erfolgreiche Aktion der deutschen Kolleginnen und Kollegen. Nach dem Warnstreik am 14. Juli 2011 mit verlängerten Mittagspausen an 14 Drehorten konnte anschließend ein Schauspieltarifvertrag durchgesetzt werden. 

Übrigens dauerte der erste Doppelstreik 1960 in den USA 148 Tage. Damals ging es mit dem Aufstieg des Fernsehens um Rechte- und Gewinnbeteiligung. Zuletzt streikten die Schauspieler*innen vom 21. Juni bis 23. Oktober 1980 um die Gewinnbeteiligung bei der Pay-TV-Verwertung und bei Videokassetten.


Aktualisierung vom 20. Juli 2023

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