Journalismus-Ausbildung für Europa

Mann auf dem Weg zum Diplom

Foto: 123rf

Europäische Journalist*innen sollen stärker grenzüberschreitend zusammenarbeiten und ihre Berichterstattung über EU-Themen professionalisieren. Dieses Ziel verfolgt eine E-Learning-Plattform für Medienschaffende und Journalismusstudierende, die unter Federführung der TU Dortmund von Universitäten in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten entwickelt wurde und jetzt online ist.

Die E-Learning Plattform COPE – Covering Cohesion Policy in Europe – richtet sich an Journalismus-Institute sowie an Redaktionen und einzelne Medienschaffende in ganz Europa, die nach Weiterbildungsmöglichkeiten suchen. Der Online-Kurs vermittelt Informationen über die Europäische Union, ihre Institutionen und Kohäsions- bzw. Regionalpolitik. Er soll dazu beitragen, die Politikgestaltung in Europa zu verstehen und relevante Daten und Quellen zu nutzen. Das Besondere sei, dass die Kursteilnehmenden durch länderspezifisch differenzierte Module „die unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse in den einzelnen EU-Staaten kennenlernen“, betont Isabella Kurkowski, Leiterin des COPE-Projekts, im Gespräch mit M.

Die TU Dortmund startete das Projekt im Januar 2023 zusammen mit fünf weiteren Universitäten in Europa und zwei NGOs – der Journalismusinitiative für grenzüberschreitende Kooperation ARENA und der European Journalism Training Association EJTA. Zunächst wurden mittels einer Umfrage Journalismus-Lehrpläne von 36 europäischen Universitäten analysiert. Ergebnis: In nur zwei Dritteln der Curricula tauchen EU-Themen auf. Davon behandeln nur 70 Prozent EU-Institutionen, nur die Hälfte ökonomische Themen und mit einem Viertel sei die EU-Kohäsionspolitik nur „eine Randerscheinung“ gewesen.

Von Kühen bis Kohäsion

COPE setzt bei diesen Leerstellen an. Die Regionalpolitik gehört neben der Landwirtschaft zu den wichtigsten Budget-Posten der EU. Die Kohäsions-Mittel, die ein Drittel des Etats ausmachen, würden auch „als politisches Faustpfand“ eingesetzt. So verweigere man Ungarn immer wieder Mittel wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit. Gerade deswegen sei „das Thema von immenser politischer und wirtschaftlicher Bedeutung“. Die Kohäsionspolitik sei auch das wichtigste Instrument der EU zur Umsetzung des Green Deal für eine klimaneutrale Union bis 2050.

COPE ist in allen EU-Sprachen verfügbar. Der Kurs besteht aus 14 Modulen, wobei einige von ihnen sogenannte „lokale Fenster“ haben, die länderspezifische Inhalte bieten. EU-Journalist*innen sollten andere Sichtweisen kennenlernen und nicht immer nur aus der Perspektive des eigenen Landes berichten, „was für uns wichtig ist“, erläutert Kurkowski. So sei der Breitbandausbau etwa in Deutschland relevant, in Ungarn eher Autobahnbau und Korruption.

Online zur Weiterbildung

Wie die Kursteilnehmenden befähigt werden, die Berichterstattung auf die lokale Ebene herunterzubrechen und als „Wachhund“ zu wirken, zeigt zum Beispiel eine Aufgabe, die Investgate-Europe-Gründer Harald Schumann in einem Kursvideo formuliert. Es geht darum, zu erfassen und zu bewerten, welche heimischen Projekte Mittel aus dem EU-Kohäsionsfonds erhalten und wer davon profitiert. Für die Recherche empfiehlt Schumann die Plattform Kohesio, auf der die europäische Kommission EU-Förderungen in ganz Europa nachweist.

Das COPE-Projekt wird von der Europäischen Union mit einer Million Euro finanziert. Außer der E-Learning-Plattform gibt es ein E-Book. Der COPE-Kurs könne sowohl interaktiv in Seminaren genutzt, aber auch eigenständig von Journalist*innen durchgearbeitet werden, erklärt Kurkowski. Wer alle 14 Module schaffe, werde mit einem Zertifikat belohnt, Studierende erhielten Creditpoints. Der Onlinekurs sei kostenfrei, man müsse sich nur anmelden.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Internet: Journalismus unter Druck

Angesichts der Vielzahl von Beiträgen zum 30-jährigen Jubiläum des Internets arbeitet der Journalist Jann-Luca Künßberg in einem Gastbeitrag für Netzpolitik.org heraus, wie umfangreich die Online-Welt Journalismus selbst verändert hat. Enorm schnell, so Künßberg, habe der Geschäftsgedanke die Vision eines digitalen Versammlungsorts beiseitegeschoben.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »

VG Wort ändert Verteilungsplan

Die Mitgliederversammlung der VG Wort hat in ihrer Mai-Sitzung eine Reform des METIS-Systems mit der erforderlichen Mehrheit in allen Berufsgruppen beschlossen. Sie führt zu wichtigen Änderungen im Verteilungsplan der VG Wort. Vertreter der dju in ver.di haben das vorliegende Papier in Teilen kritisiert und versucht, es noch mit Änderungsanträgen zu beeinflussen – ohne Erfolg.
mehr »