Buchtipp: „Das Urheberrecht“

Immer mehr politische und wissenschaftliche Themen werden in Form von Sachcomics behandelt, zumindest dem Anspruch nach. Die sogenannten Sachcomics gehen typischerweise so vor, dass sie verschiedene Aspekte eines Themas erklären und einzelne Sätze mit Zeichnungen illustrieren. Die Bilder hängen also eher selten überhaupt zusammen, zudem steht der Text im Vordergrund. Das alles trifft auch auf das kürzlich erschienene, vom Anwalt Emmanuel Pierrat und dem Zeichner Fabrice Neaud verfasste Büchlein „Das Urheberrecht“ zu.

Das Thema Urheberrecht bringt es mit sich, dass viel Interessantes zu erfahren ist. Etwa über historische Phänomene und Probleme der Aneignung von Kunstwerken sowie über entsprechende Abkommen und Gesetze, die es seit den 1790er-Jahren gab und über den Unterschied zwischen dem europäischen und dem US-amerikanischen Zugang zur Materie. Wer keine Ahnung vom Thema hatte, versteht nach der Lektüre, dass es beim Urheberrecht neben den Verwertungsrechten auch um Persönlichkeitsrechte geht. Die gelten sogar ewig, selbst wenn darauf vertraglich verzichtet wurde. Wer ein Buch geschrieben hat, kann es trotz Verlagsvertrag jederzeit vom Markt nehmen lassen. Wer einen Vertrag als Ghostwriter eingeht und für jemand anderen ein Buch schreibt, hat später trotzdem das Recht, auf dem Buchtitel genannt zu werden.

Niedrigschwelliger Einstieg in schwierige Materie

Ein gewisses Allgemeinwissen verschafft dieses Büchlein also, und das wird durch die Bebilderung erleichtert. Da immer je ein bis zwei Sätze von einer Zeichnung begleitet sind, wird die Sachlage häppchenweise dargelegt und ist so besser konsumierbar als ein reiner Fließtext. Wer sich aus Angst vor juristischer Fachsprache scheut, grundlegende Informationen übers Urheberrecht zu lesen, findet hier einen niedrigschwelligen Einstieg, zumal viele der Bilder auch witzig sind.

Besonders gelungen ist, wie Microsoft-Gründer Bill Gates als Dagobert Duck gezeichnet in seinem Geldspeicher in einen Berg aus Geld, Patenten und Urheberrechten springt. Das Lieblingscomic des Autoren ist das einer überdimensionierten alten Waage, in deren linken Schale ein Mensch steht, der in einer Hand eine Schreibfeder hält und die andere mit dem Handrücken an die Stirn legt – also das Klischee eines künstlerischen Sensibelchens. In der anderen Waagschale knien drei unsympathische, Richtung Sensibelchen die Zähne fletschende Typen in weißen Hemden und Anzug, einer ist sogar als Dracula mit erhobenen Klauen gezeichnet. Obwohl sie zu dritt sind, hängt ihre Waagschale nicht tiefer als die der Einzelperson. Der Text dazu lautet: „Sämtliche Gesetze zum künstlerischen und literarischen Eigentum sind geschaffen worden, um die Schöpfer der Werke zu schützen, insbesondere gegenüber ihren Vertragspartnern, also den Verlegern und anderen Produzenten.“

Dennoch: eine Rechtslage mit vielen Facetten zu erklären, hat wenig mit dem Erzählen oder gar Zeichnen von Geschichten zu tun. Viele der Illustrationen wirken bemüht und bringen keinen Erkenntnisgewinn, zumeist sind sie schwer verständlich. Das Buch schlägt mehrere Gelegenheiten aus, thematisch bedeutsame Geschichten zu erzählen, bei denen der Comic tatsächlich seiner Funktion gerecht wird. Da wird dann nur in einem Satz erwähnt, welches Problem ein Künstler einmal hatte oder für welchen bedeutsamen Rechtsstreit er sorgte.


Emmanuel Pierrat und Fabrice Neaud: Das Urheberrecht, Jacoby & Stuart, Hardcover, 74 Seiten, 14 €uro

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