Buchtipp: Grimmepreis kann noch warten

New York, Malawi, Nordrhein-Westfalen: Kameramann Ludger Bußmann-Wigger reist seit vielen Jahren für das Fernsehen durch Deutschland und um die Welt. Nun hat er ein Buch geschrieben, in dem er mit einer großen Portion Humor und guter Laune in Anekdoten von seinen Erlebnissen in der TV-Branche berichtet. Die sei, so schreibt er, ein „einzigartiges Biotop ohne feste Gesetzmäßigkeiten“.

Buchcover

Seit 30 Jahren arbeitet Ludger Bußmann-Wigger als Freiberufler für das Fernsehen. Er ist Kameramann und Bildberichterstatter, unter anderem für das ZFD, den WDR, die Deutsche Welle und freie Agenturen, und als solcher herumgekommen in der Welt. Von seinen Aufträgen, die mal mit längeren, mal kürzeren Reisen verbunden sind, erzählt er in seinem Buch „Der Grimmepreis kann warten. 30 Jahre Fernsehen ohne durchzudrehen“. Es ist das zweite Buch, in dem Bußmann-Wigger über seine Erlebnisse in der Branche schreibt. Bereits 2011 erschien „Blende offen… und hoffen“.

Wie auch am Titel des aktuellen Buchs unschwer zu erkennen ist, nimmt der Autor sich und seine Branche nicht allzu ernst, folgerichtig konzentriert er sich in seinen Schilderungen auf die schrägen und unerwarteten Momente, die die Fernsehbranche zu bieten hat. Zugleich hat er, wie in seinen Texten deutlich wird, eine große Freude an seinem Beruf – selbst dann, wenn es mal nicht so rund läuft.

Da sind zum Beispiel die tanzenden Maiskolben, denen Bußmann-Wigger auf einer Veranstaltung eines großen Unternehmens begegnet, das ein Düngemittel vermarktet – die Showeinlage bestreiten Tänzer*innen, als Maiskolben verkleidet. Es gebe Momente im Leben eines Kameramanns, an die man zurückdenke und noch immer mit dem Kopf schüttle, „weil man das Geschehene nicht wirklich glauben kann“, schreibt der Autor dazu.

Kreuzfahrt, Marienwunder und Merkel-Interview

Im Buch berichtet er von einer ZDF-Reportage über eine Kreuzfahrt, die ihn nach New York führt, von einem vermeintlichen Marienwunder in Holland, einem Event mit nackten Menschen in einem Düsseldorfer Park, einem Dreh in einem Gefängnis. Als Kameramann war er bei Trainingsspielen von Real Madrid in Österreich dabei und sah David Beckham und Pepe aus der Nähe. Bei der Turn-Weltmeisterschaften im dänischen Aarhus lernte er den Mentaltrainer und Onkel von Fabian Hambüchen kennen, in Berlin interviewte er am Abend ihres Wahlsiegs die spätere Kanzlerin Angela Merkel.

Bußmann-Wiggers Schilderungen beschränken sich meist auf seine unmittelbaren Erlebnisse. Sie geben einige Einblicke in die Arbeit eines Kameramanns, der gerne und viel reist. Fernsehen ist Teamarbeit, das betont der Autor in seinem Buch. Doch viel über die konkrete Zusammenarbeit mit Kolleg*innen erfährt man nicht. Wie Fernsehen gemacht wird, was genau hinter den Kulissen passiert, wie ein Beitrag entsteht – davon berichtet der Autor nur sehr allgemein, etwa wenn er über Live-Schalten schreibt.

Das Buch ist eine Sammlung von Anekdoten, wie man sie bei einem fröhlichen Kneipenabend gerne hört. Bußmann-Wigger geht seinem Beruf offensichtlich mit großer Begeisterung nach, das wird auf nahezu jeder Buchseite deutlich. „Es war und ist ein cooler Job“, schreibt er.

Ludger Bußmann-Wigger: Der Grimmepreis kann warten. 30 Jahre Fernsehen ohne durchzudrehen. tredition, Hamburg, 2021. 132 Seiten, Paperback, 9,99 Euro, ISBN: 978-3-347-38744-7

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Medienrat: Chance für den ÖRR

Der Medienrechtler Wolfgang Schulz hält es grundsätzlich für positiv, einen Medienrat zu schaffen, der evaluiert, ob die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Auftrag insgesamt erfüllen. Es sei „eine gute Idee“ eine Institution zu haben, die gesamthaft die Entwicklung der Rundfunkanstalten in den Blick nehme, erklärt Schulz, Vorstandsvorsitzender des Leibniz-Instituts für Medienforschung Hans-Bredow-Institut (HBI).
mehr »

Die unendliche Krise des RBB

Der Schock sitzt nach wie vor tief. „2025 wird ein Schicksalsjahr für den RBB“, so die unfrohe Botschaft von Intendantin Ulrike Demmer Ende Januar auf einer Informationsveranstaltung vor der fassungslosen Belegschaft. Was folgte, war ein radikales Sanierungsprogramm für den Sender. Insgesamt 22 Millionen Euro will die Geschäftsleitung am Personal- und Honoraretat einsparen. Das entspricht 10,2 Prozent der bisherigen Aufwendungen und ziemlich genau 254 Vollzeitstellen.
mehr »

Gewalt gegen Medienschaffende verdoppelt

In der „Nahaufnahme“ dokumentiert Reporter ohne Grenzen (RSF) jedes Jahr Attacken auf Pressevertreter*innen. Für 2024 sind jetzt die Zahlen erschienen. RSF fordert angesichts der Verdopplung von Übergriffen auf Medienschaffende und Medienhäuser von der neuen Bundesregierung entschiedene Unterstützung für die Pressefreiheit.
mehr »

Quellenschutz in Gefahr 

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) verurteilt die Wochenzeitung  Kontext, weil sie den Namen des Mitarbeiters von AfD-Abgeordneten genannt hat, der sich in Chats rassistisch geäußert hatte, und ihre Quellen nicht preisgeben wollte. Das Frankfurter Urteil widerspreche guter journalistischer Praxis, kritisierte der verdi-Vorsitzende Frank Werneke.
mehr »