Filmtipp: Die Fotografin

Die Fotografin

Kate Winslet als Lee Miller im Film „Die Fotografin“. © Kimberley French/Sky UK

Kate Winslet spielt Lee Miller, die bekannteste Kriegsfotografin der 1940er Jahre, als hochenergetische Künstlerin. Die 1907 geborene Lee Miller kam auf Umwegen zur Pressefotografie. Zunächst absolvierte sie eine komplette Karriere als Model. Der Surrealist Man Ray entdeckte sie für die Bildende Kunst. Bei ihm wechselte sie immer öfter auf die andere Seite der Kamera. Bereits ihr Vater hatte sie in der Funktionsweise verschiedener Apparate unterrichtet. Sie veröffentlichte bald erste eigene Arbeiten und gründete ein eigenes Studio.

Die Liebe zu dem Kunsthändler Roland Penrose führte sie zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nach England. Nachdem sie verschiedene Reisereportagen veröffentlicht hatte, stand nun ihr Lebenswerk an: Einige Hindernisse musste sie beiseite räumen. Die englische Armee erlaubte Frauen nicht, als Kriegsreporterinnen zu arbeiten. Erst die US-Armee ebnete ihr den Weg und sie wurde eine der wenigen Fotoreporterinnen, die in den Kämpfen der Alliierten fotografierten, gern an vorderster Front. Interessanterweise arbeitete sie für die britische Ausgabe der Modezeitschrift Vogue, nicht für ein Nachrichtenmagazin; für Vogue wie Miller ein Wagnis: Würden die Leserinnen krasse Bilder des Krieges goutieren?

Dafür sorgte dann die Reporterin selbst: Miller gelangen mit die ikonischsten Bilder des Zweiten Weltkrieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit, etwa als sie in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald nach der Befreiung fotografierte. Das bekannteste von allen knipste sie paradoxerweise nicht selbst: In Adolf Hitlers Münchner Wohnung ließ sie sich in der Badewanne von ihrem engen Kollegen David E. Scherman ablichten.

Der Film „Die Fotografin“ rekapituliert die wichtigsten zehn Jahre dieser Reporterin. Kate Winslet gibt sie als energische Journalistin, die sich der Öffentlichkeitswirksamkeit ihrer Arbeit bewusst ist und sich gegen die oft übermächtige männliche Konkurrenz durchzusetzen weiß. Miller ist aber auch eine Akteurin, die die Gefahr offensiv sucht und ein gutes Gespür für ihre Arbeit hat. Sie begleitet Kampfeinsätze und trägt selbst Uniform.

Preview am 17.09

Mit anschließendem Gespräch mit Antony Penrose (Sohn v. Lee Miller) und Dr. Kathrin Baumstark, Direktorin Bucerius Kunst Forum. Das Gespräch wird moderiert von der Journalistin Salwa Houmsi. Ein Grußwort errfolgt durch Anja Osterhaus, Geschäftsführerin Reporter ohne Grenzen.
Im Delfi-Filmpalast Berlin

Eingebettet in eine lose konstruierte Rahmenhandlung – Miller  ist in fortgeschrittenem Alter und berichtet in einem fiktiven Interview beim Anschauen archivierter Fotos aus ihrem ereignisreichen Leben – werden die Zuschauer Zeuge ihrer beruflichen wie privaten Turbulenzen. Dabei kehrt sie auch immer wieder im Gespräch mit Kollegen und Soldaten zu der Frage zurück, wie weit man mit der Berichterstattung gehen kann oder muss, und inwiefern Bilder des Krieges den Krieg selbst mitbestimmen.

Der Blick aufs Private konzentriert sich auf ihre Beziehungen zu verschiedenen Männern, was sich leider allzu oft in Szenen voller Zigarettenrauch und Alkoholkonsum erschöpft. Hier wäre ein Blick in ihre Zeit als Kind, Jugendliche und junge Frau besser gewesen. Denn hier, und dafür findet der Film keine adäquate Darstellungsform, wäre viel zu erzählen gewesen: von in frühester Kindheit erlittenen Missbrauchserfahrungen, vom Leben als traumatisierter Teenager in der Zwischenkriegszeit und ihren Anfängen in der Kunst.


„Die Fotografin“. GB 2023. Regie: Ellen Kuras, Darsteller: Kate Winslet und Alexander Skarsgård, Kinostart: 19. September 2024

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Gemeinsame Standards für Medienfreiheit

In Brüssel wird der European Media Freedom Act (EMFA) bereits als "Beginn einer neuen Ära" zelebriert. Ziel der Verordnung ist es, die Unabhängigkeit und Vielfalt journalistischer Medien in der EU in vielfacher Hinsicht zu stärken. Doch wie er von den Mitgliedsstaaten  - vor allem dort, wo etwa die Pressefreiheit gefährdet ist wie Ungarn und der Slowakei - umgesetzt wird, zeigt sich erst im kommenden Sommer.
mehr »

Filmtipp: Die Saat des Heiligen Feigenbaums

Die Alten hüten die Asche, die Jungen schüren das Feuer. Konflikte zwischen den Generationen sind vermutlich so alt wie die Geschichte der Menschheit. Zumindest im Westen haben die im Rückblick als „68er-Bewegung“ zusammengefassten Proteste für tiefgreifende gesellschaftliche Umwälzungen gesorgt. Angesichts des Klimawandels könnte sich das Phänomen wiederholen. Mohammad Rasoulofs Familiendrama, deutscher „Oscar“-Kandidat, beschreibt anhand der Demonstrationen im Iran, wie sich die Alten wehren.
mehr »

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »