Anfang 2024 übernahm Caren Miosga im Ersten den Polittalk am Sonntagabend. Ihre Vorgängerin Anne Will hatte fast immer vier bis sechs Diskutanten zu Gast. Miosga setzt vor allem auf eine Kombination aus längerem Einzelgespräch und anschließender Diskussion mit nur zwei oder drei weiteren Gästen – gelungene Änderungen laut einer aktuellen Programmbeobachtung zur Sendung „Caren Miosga“ aus dem NDR-Programmausschuss.
Als „richtig und erfolgreich“ wurde demnach der Ansatz der Sendung eingestuft, „weniger auf Konfrontation und Kontroverse zwischen den Gästen und mehr auf das konstruktive, vertiefende Gespräch zu einem aktuellen Thema zu setzen“. Das Talkformat werde dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht und erfülle die Qualitätskriterien der ARD. Hervorgehoben wurde ferner die professionelle Moderation durch Caren Miosga. Kritisiert wurde dagegen etwa die zu lange Dauer der Einzelgespräche in einigen Sendungen. Dadurch hätten im Diskussionsteil die übrigen Gäste weniger Zeit für ihre Einschätzungen gehabt.
Programmausschuss wertet aus
Das sind die zentralen Ergebnisse einer Analyse von fünf Sendungen des wöchentlichen Talkformats, die im Zeitraum von März bis September 2025 ausgestrahlt wurden. Kriterien waren beispielsweise die dramaturgische Struktur und Themenwahl. Untersucht wurden die Ausgaben von einer Beobachtungsgruppe, der fünf Mitglieder vom Programmausschuss des NDR-Rundfunkrats angehörten. Weil in der ARD der NDR die Federführung für „Caren Miosga“ hat, ist mit Blick auf die Aufsicht der NDR-Rundfunkrat und dessen Programmausschuss zuständig.
Einen konkreten Anlass für die Programmbeobachtung habe es nicht gegeben, erklärte das NDR-Gremienbüro auf Nachfrage. Bereits zum Start von „Caren Miosga“ habe der Programmausschuss entschieden, „die Sendung nach einer angemessenen Laufzeit zu beobachten“. Anfang Dezember veröffentlichte der Programmausschuss die Zusammenfassung zu den Ergebnissen der Programmbeobachtung. Zuvor hatte der Ausschuss im November in nicht-öffentlicher Sitzung beraten.
Der NDR-Staatsvertrag schreibt vor, dass der Rundfunkrat und seine Ausschüsse wesentliche Sitzungsergebnisse veröffentlichen müssen. Da der Programmausschuss nicht öffentlich tage, könne der vollständige Bericht zur „Caren-Miosga“-Programmbeobachtung nicht zugänglich gemacht werden, so das Gremienbüro.
Dass die Sendung grundsätzlich mit einem Eins-zu-Eins-Gespräch beginnt, hat für die „Caren-Miosga“-Redaktion einen zentralen Grund: So sei es den jeweiligen Gästen möglich, „ihre Antworten in der Tiefe zu entwickeln, ohne dass es, wie oft in TV-Debatten, zu einer Reduktion der Komplexität kommt“. In den Gesprächen gebe es auch „Perspektivenwechsel mit weiteren Gästen in Einspielern“. Aus Sicht der Redaktion ermöglichen solche Gespräche „einen politischen und gesellschaftlichen Diskurs jenseits des konfrontativen Talkshow-Prinzips“.
Inhalte auch für Soziale Medien
Wichtig für die Beobachtungsgruppe des Programmausschusses war außerdem, dass Inhalte von „Caren Miosga“ auch non-linear verbreitet würden, nicht zuletzt um jüngere Zielgruppen zu erreichen. Das erscheine notwendig. Denn das Durchschnittsalter des Publikums, das „Caren Miosga“ linear sehe, sei mit rund 65 Jahren hoch. Insbesondere würdigte die Beobachtungsgruppe den neu geschaffenen Instagram-Auftritt der Sendung. Bereichernd seien die dort ausgespielten Reels mit zentralen Aussagen der einzelnen Gäste, aber auch mit „Behind-the-Scene“-Einblicken.
Auch um jüngeres Publikum zu erreichen, verbreitet die „Caren-Miosga“-Redaktion Inhalte nicht nur auf Instagram, sondern auch auf YouTube und X/Twitter. Insbesondere in Instagram sieht sie ein „Brückenformat zwischen dem linearen Fernsehen und dem digitalen Angebot“. Politische Debatten würden hier für eine jüngere Zielgruppe entsprechend aufbereitet: Man setze auf Reels oder Grafiken, um die Kernthemen eines Talks zusammenzufassen. Produziert würden aber auch etwa eigene Interviews, die einen anderen Zugang zu den Themen hätten. Ebenso werde das Publikum eingebunden, etwa über Umfragen oder Fragen an die Zielgruppe. Hinzu komme, dass Caren Miosga regelmäßig Zuschauerfragen in Q&A-Formaten beantworte.
Im linearen Fernsehen ist „Caren Miosga“ die meistgesehene politische Talkshow in Deutschland. In diesem Jahr erreichte die Sendung laut der ARD-Programmdirektion bisher im Schnitt 3,10 Millionen Zuschauer*innen (Marktanteil: 14,5 Prozent). Bei den 14- bis 49-Jährigen waren es durchschnittlich 440.000, was einem Marktanteil von 9,4 Prozent entsprach. In der ARD-Mediathek wurden die bislang 2025 gesendeten Ausgaben im Schnitt 170.000 Mal abgerufen. Hier liegt „Caren Miosga“ nicht vorne. Die Ausgaben von „Maischberger“ kommen bisher auf Abrufe von durchschnittlich 180.000. Bei „Hart aber fair“ mit Louis Klamroth sind es 160.000 Abrufe.

