Das erste Buch, das per Digitaldruck auf Hanfpapier gedruckt wurde
Vier Jahre lang war ihr Arbeitsplatz die Welt – und ihr umgebauter Caddy, in dem sie lebte. Fotojournalistin Maren Krings reiste 100.000 Kilometer, in 26 Länder auf vier Kontinente – alles, um mehr über Nutzhanf zu erfahren. „Je mehr ich über die Pflanze lernte und mit jedem weiteren besuchten Projekt wuchs die Erkenntnis, dass Hanf der Rohstoff der Zukunft und ein Puzzleteil zur Lösung der Klimakrise ist“, sagt Krings. Ergebnis der Reise ist ein 624 Seiten starkes Buch mit Fotografien, Infografiken, persönlichen Tagebucheinträgen und Experteninterviews.
Es gibt nicht zu jedem Buchstaben ein eigenes Kapitel, aber was den Hanf angeht, steht von A bis Z alles dazu drin, erklärt Krings an einem Nachmittag in Berlin-Mitte und deutet auf das knallorange Cover. „H is for HEMP“ ist – wie könnte es anders sein – per Digitaldruck auf Hanfpapier gedruckt. Das Buch, das Ende März Premiere feierte, ist das erste seiner Art: Der zweiseitige Digitaldruck auf Hanfpapier wurde vorher noch nie erfolgreich durchgeführt. 2020 trat sie an die Papiermanufaktur Hahnemühle heran. Bis zu den Drucktests im Sommer 2021 folgte viel Tüftelei, denn es gab immer wieder technische Schwierigkeiten. Die Erstauflage auf Englisch hat mit 700 Stück weniger Exemplare als erwartet hervorgebracht.
Dass aus der Reise ein Buch werden soll, war lange nicht klar. Bei einen Fotoauftrag in Südtirol lernte sie einen Hanfbauern kennen, der ihr seine Werkstatt zeigte. Ab da kreuzte der Hanf immer wieder Krings Wege. Sie erkannte, dass Hanf die Menschen kleiden, ernähren, behausen und heilen kann und, dass sie das Wissen der Menschen, die mit der Tausendsassa-Pflanze arbeiten, fasziniert.
Oft musste sie während ihrer Reise ihren Status als Fotojournalistin jedoch verlassen. Mit dem Buch habe sie eine Art Übersetzungsarbeit aus der Wissenschaft ins Storytelling geleistet, um die Brücke zum Klima-Impact zu schlagen, erklärt sie. Ende 2019 setzte sie sich an den Schreibtisch. Ein Jahr brauchte sie, um das Material zu sichten. „Ich hätte das Buch gern hundert Mal in die Ecke geschmissen in dieser Zeit“, sagt sie. Die Pandemie kam ihr aber gelegen: Sie belegte Onlinekurse zu Klimawissenschaften und begann zu schreiben.
„Als ich dann das Buch in den Händen hielt, war ich sehr glücklich“, sagt Krings. Um das Thema Sustainable Printing in die nächste Etage zu heben und es auf Deutsch, Spanisch, Französisch und Chinesisch zu übersetzen, sucht sie einen Verlag. Auch das Überleben des Papiers hängt davon ab, ob sie einen Verlag findet: Mit Universitäten, Kunstszene und Produktdesigners gibt es zwar viele Interessenten für ähnliche Projekte, doch die Produktion ist sehr kostspielig. Seit März berichtet sie auf Konferenzen und Symposien von ihren Erkenntnissen, berät oder teilt ihr Netzwerk – dabei wäre sie eigentlich gern längst wieder unterwegs mit der Kamera im Gepäck und dem Lenkrad in der Hand.
Der Beitrag ist zuerst in unserer Partnerzeitung Druck+Papier erschienen.