RSF: Mehr Schutz für Medienschaffende

Die Kiewer Stadtverwaltung hielt am 25. März 2022 eine Pressekonferenz für verstorbene Journalisten in der Metrostation Arsenalna in Kiew ab. Etwa 100 Journalisten aus verschiedenen Ländern der Welt waren gekommen und nutzten die Möglichkeit mit Kriegsflüchtlingen zu sprechen, die in der Metro ausharrten. Foto: Vojtech Darvik Maca/imago

Statt Anspruch auf Schutz und Schutzstatus von Menschen weiter aufzuweichen, fordert Reporter ohne Grenzen die Bundesregierung auf, unter anderem die Unterstützung von Medienschaffenden weiter auszubauen. Mit Blick auf das vergangene Jahr meldet die Organisation mehr als 700 Medienschaffende, denen sie dabei geholfen hat, sich nach Todesdrohungen, Vergeltungsmaßnahmen und vor willkürlichen Inhaftierungen in Sicherheit zu bringen. 70 Prozent der finanziellen Hilfe gingen dabei an Journalist*innen und Reporter*innen, die sich vorübergehend oder vollständig ins Exil begeben mussten.

„Journalistinnen und Journalisten zu helfen, die in Not oder Bedrängnis sind, ist eine unserer Kernaufgaben“, erklärt dazu RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Journalismus ist in vielen Ländern der Welt leider ein höchst gefährlicher Beruf. Unser Ziel ist, dass Medienschaffende in Sicherheit berichten können, Menschen mit verlässlichen Informationen versorgen und den Machthabenden auf die Finger schauen. Auch in Deutschland sind wir auf verlässliche Informationen aus allen Ländern und Regionen der Welt angewiesen. Gerade deshalb müssen Europa und Deutschland Zufluchtsorte für diejenigen bleiben, die für ihre journalistische Arbeit ihr Leben riskieren.“

Die deutsche RSF-Sektion unterhält seit 2009 ein eigenes Nothilfereferat. Seither hat die Organisation von Berlin aus 1.500 Journalist*innen nicht nur in deren Heimatländern finanziell unterstützt, sondern einen Teil von ihnen auch immer wieder auf dem Weg ins Exil begleitet. Im Jahr 2024 betraf das mehr als 400 Medienschaffende. RSF unterstützt auch ganze Redaktionen, wenn sie vor existenziellen Bedrohungen ihrer Sicherheits- oder Finanzlage stehen, im letzten Jahr stellte sie Nothilfe für 42 Redaktionen in 16 Ländern zur Verfügung. 21 von ihnen befinden sich derzeit im Exil.

Afghanistan, Gaza, Iran, Sudan

Mit 160 kommt die größte Anzahl bedrohter und unterstützter Medienschaffender aus Afghanistan. Mehr als 100 von ihnen sitzen derzeit in Pakistan fest, wo sie auf ein humanitäres Visum warten. Lange Zeit gab das deutsche Bundesaufnahmeprogramm afghanischen Medienschaffenden Hoffnung. Die Bundesregierung hat diese Hoffnung jedoch enttäuscht und setzt gefährdete Journalist*innen nun ihrem Schicksal und der realen Gefahr der Abschiebung zu den Taliban aus.

Die Palästinensischen Gebiete sind 2024 für Journalist*innen zur gefährlichsten Region der Welt geworden. Seit Oktober 2023 sind mehr als 150 von ihnen von der israelischen Armee getötet worden, davon mindestens 41 aufgrund ihrer Arbeit. Neben der Verteilung von Ausrüstung in Gaza durch den lokalen RSF-Partner Arab Reporters for Investigative Journalism (ARIJ) hat das Nothilfereferat 15 Medienschaffende, die aus Gaza in Nachbarländer geflüchtet waren, finanziell unterstützt.

Eines der repressivsten Regime gegenüber Medienschaffende weltweit ist die Islamische Republik Iran. 43 iranische Journalist*innen im Exil erhielten Unterstützung von der Organisation. Allerdings sind sie oftmals auch an ihren Zufluchtsorten nicht sicher und werden von der iranischen Regierung weiterhin ausgespäht, bedroht und verfolgt. Im durch den Krieg extrem unsicheren Sudan konnten 22 Journalist*innen geholfen werden, die aufgrund ihrer Arbeit ins Visier genommen wurden.

Appell vor der Bundestagswahl

Mit Blick auf die anstehende Wahl des deutschen Bundestags fordert RSF Politiker*innen auf, Medienschaffende im Exil zu schützen und ihre Arbeit zu unterstützen. Konkret muss die Bundesregierung die Aufnahme von schutzbedürftigen Journalist*innen ermöglichen, wirksam gegen Transnationale Repression (TNR) vorgehen und Exiljournalismus stärken.

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