Suchmaschinen: KI ersetzt Quellen

Chatbots statt Quellen zu nutzen setzt Medien vielfältig unter Druck - vor allem weniger finanzstarke. Das bedroht die Angebotsvielfalt. Foto: shutterstock/kovop

Ein Gutachten des Informationswissenschaftlers Dirk Lewandowski von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) warnt vor weitreichenden Folgen des zunehmenden Einsatzes von KI in Online-Suchmaschinen wie Google, Bing, ChatGPT und Perplexity. Die zentrale Aussage der Untersuchung: Nutzer*innen würden sich zunehmend auf KI-generierte Antworten verlassen und auf weiterführende Quellen verzichten, was wiederum zu einem drastischen Rückgang der Klickzahlen führt.

Die Entwicklung gefährde das Geschäftsmodell vieler Medien, die sich über Werbeeinnahmen finanzieren, stellt das Gutachten „Integration von KI-Anwendungen in Suchmaschinen und ihre Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt“ fest – die Angebotsvielfalt drohe damit deutlich zurückzugehen. Zudem ändere sich der Weg, wie die Nutzer*innen an Informationen gelangen drastisch.

Im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten untersuchte Lewandowski die Angebote von Google und Bing, die inzwischen KI-Suchergebnisse prominent einblenden, sowie die KI-Chatbots ChatGPT und Perplexity.

Springer-Medien trainieren ChatGPT

„Dabei starten die KI-Firmen von unterschiedlichen Ausgangspunkten. Alphabet und Microsoft, denen Google respektive Bing gehören, integrieren ihren KI-Ansatz in ihre etablierten Suchmaschinen und blenden die Ergebnisse von Anfragen dort ein“, schreibt dazu Thomas Rudl auf netzpolitik.org.  Da Chatbots wie ChatGPT hingegen auf Konversationen mit ihren Nutzer*innen setzen würden, stehen hier KI-generierte Antworten im Mittelpunkt der Produkte.

„Diese Richtung schlagen nun offenbar auch traditionelle Suchmaschinen ein. Zuletzt hat etwa Google damit begonnen, Nachfragen und Unterhaltungen mit den Suchergebnissen zu erlauben“, so Rudl weiter. Diese Entwicklung wiederum sei in das aktuelle Gutachten nicht mehr eingeflossen.

Mit dem Effekt, dass Quellen für Nutzer*innen zunehmend an Bedeutung verlieren, verändere sich auch die Rolle von Suchmaschinen, die sich zunehmend von ihrer bisherigen Vermittlungsrolle verabschieden und „eigenständige Informationsobjekte“ erstellen würden. Zahlreiche Verlage versuchen durch Verträge mit KI-Anbietern diese an das entsprechende Trainingsmaterial zu binden.

Da der Axel-Springer-Verlag, der unter anderem die Bild, Welt und Politico herausgibt, hierbei mit OpenAI und ChatGPT eine Vorreiterrolle eingenommen hat, dürfte das Angebot für Interessierte im Bereich von KI-gestützten Informationen inzwischen nicht unwesentlich von den Springer-Medien dominiert werden. Von der allgemeinen Fehleranfälligkeit von KI-Angeboten, die auch bei der redaktionellen Arbeit eine immer stärkere Rolle spielen, ganz zu schweigen.

 

 

 

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