Viele Fragen – keine Antworten, stattdessen üppiger Weißraum und lediglich Satzzeichen. Ein „Interview“ in der taz mit FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler kurz vor der Bundestagswahl. Die FDP-Pressestelle hatte die Freigabe komplett verweigert. War es den Platz wert? Das entscheidet allein die Redaktion. Sie sorgte damit aber erneut für eine breite Diskussion zur Autorisierungspraxis in Deutschland.
Grundsätzlich gilt für Interviews: Gesagt ist gesagt! Diesen Anspruch haben Journalistinnen und Journalisten zu Recht, auf diese Grundregel müssen sich auch die Interviewten einstellen. Doch das heißt keineswegs, dass Autorisierung Teufelszeug ist. Entscheidend ist, wie beide Seiten damit umgehen.
Vorbereitung ist alles – in der Redaktion und bei den Interviewten. Wer jemanden nur vorführen will, muss sich nicht wundern, wenn ein Gespräch schlecht läuft. Dann ist ein Interview vielleicht noch atmosphärisch spannend, aber selten informativ, ganz unabhängig von Autorisierung.
Jenseits solcher Gesprächskatastrophen gibt es aus Sicht einer Pressestelle aber gute Gründe für die Autorisierung redaktioneller Interviewfassungen – und die haben nichts mit Kontrollzwang zu tun. Der Druck in den Redaktionen ist durch Stellenabbau in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Die Komplexität vieler Themen nimmt zu. Und gleichzeitig ist die Spezialisierung unter Journalistinnen und Journalisten spürbar zurück gegangen. All das spricht für eine Autorisierung im Sinne eines Faktenchecks, zumal redaktionelle Interviews notgedrungen ein Gespräch straffen. Es gibt zudem einen entscheidenden Vorteil für Redaktionen: Wenn von vornherein klar ist, dass ein Interview autorisiert wird, ist das Gespräch fast immer offener und lebendiger, Hintergründe werden eher erläutert, Bewertungen klarer. Selbst wenn im Nachhinein einzelne Aspekte bei der Autorisierung verändert werden, bleibt doch ein Informationsgewinn für Interviewerin und Interviewer – und im Idealfall wird manche Formulierung präziser und treffender als vorher.
Wer stattdessen den absoluten Verzicht auf Autorisierung verlangt, riskiert zugleich, dass Interviews langweilig werden: kontrolliert gestanzte Worthülsen, eins zu eins vom Band ins Blatt. Öde!