Angriffe auf Journalisten mehr als verdoppelt

Arbeiten in Corona-Zeiten / Foto: Christian von Polentz

Im vergangenen Jahr gab es bundesweit 252 Straftaten, die sich „gegen Medien“ richteten. Darunter 22 Körperverletzungen, 33 Sachbeschädigungen, vier Brandstiftungen, mehr als 29 Fälle von Bedrohung und Nötigung, Volksverhetzung, Raub, Erpressung und diverse Propagandadelikte. Die Zahl der Vorfälle hat sich im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verdoppelt, wie die Bundesregierung auf Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion bestätigte.

Es wurde gedroht,beleidigt und gespuckt, etwa bei Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungsmaßnahmen. Häufig war die Stimmung bei solchen Anlässen besonders aggressiv. Einige Demonstrant*innen griffen Journalisten*innen dabei sogar körperlich an.

Im Jahr 2018 gab es 93 Straf- und Gewalttaten gegen Journalist*innen, 2019 waren es 104 solcher Taten. Nun hat die Bundesregierung gestiegenen Zahlen zu den Angriffen im Jahr 2020 mitgeteilt. Die Antwort liegt der Süddeutschen Zeitung und dem WDR vor. Die Mehrzahl der Gewalttaten, der sich im vergangenen Jahr gegen Medienschaffende richtete, ist nach Regierungsangaben von Personen aus dem rechten Spektrum verübt worden. Aber es habe auch Taten aus dem linksrextremen Milieu gegeben und Vorfälle, deren Hintergründe nicht eindeutig zuzuordnen seien. Grundlagen für diese Angaben sind jeweils Abfragen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes, wie das Bundesinnenministerium mitteilte.

Die dju-Vorsitzende Tina Groll sagte bereits im November, ihr seien mehrere Pressevertreter*innen bekannt, die aufgrund von Sicherheitsbedenken entschieden hätten, nicht über die Querdenker-Demonstration in Leipzig zu berichten. Darin sah Groll „eine gefährliche Entwicklung für die Demokratie und ein Alarmsignal für die politisch Verantwortlichen.“

Es sei erschreckend, wie sehr sich die Aggression inzwischen gezielt gegen Medienvertreter richtete, „die gewissenhaft die Geschehnisse in Deutschland abbilden wollen“, meint auch Jennifer Schiementz, Sprecherin von Reporter ohne Grenzen. Polizei und Ordner müssten dafür sorgen, dass Medienschaffende bei Demonstrationen auch im Zuge einer aufgeheizten Stimmung sicher ihrer Arbeit nachgehen können. „Aufgrund der hohen Zahl wird es immer zeitaufwendiger, alle Angriffe nachzuverfolgen und zu verifizieren“, so Schiementz.

Reporter ohne Grenzen hat daher die E-Mail-Adresse uebergriffe@reporter-ohne-grenzen.de eingerichtet, an die Medienschaffende Übergriffe eigenständig melden könnten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »