Seminar der dju mit arabischen Journalisten in Nürnberg
„Entwicklung in der arabischen Welt ist nur möglich, wenn die Pressefreiheit erreicht ist.“ Mit diesen Worten eröffnete Mahbub Ali, der derzeitige Präsident des Yemeni Journalists Syndicate, der nationalen Journalistenorganisation sowie Vizepräsident der Arab Federation of Journalists seinen Seminarbeitrag über die Arbeitssituation von Journalisten in Arabien.
Während des zweitägigen Seminars der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) setzten sich rund 20 Teilnehmer mit dem Arabien jenseits der Bomben auseinander. Insbesondere ging es dabei um Fragen rund um den Journalismus. Nicht nur die Situation arabischer Journalisten wurde von den Referenten hervorragend dargestellt. Viele Kolleginnen und Kollegen erhielten auch Anstöße, sich mit der Darstellung des Islam und der arabischen Welt in den westlichen Medien auseinander zu setzen. Dass die Berichterstattung oft nicht mit der Realität übereinstimmt, zeigt beispielsweise die falsch übersetzte Bedeutung des Wortes „Dschihad“ als „heiliger Krieg“. Im Islam kann nur Gott heilige Dinge tun, niemals Menschen. Das Wort bedeutet in Wahrheit soviel wie „Bemühen auf dem Weg Gottes“.
Diese Informationen lieferte Professor Horst Kopp, der den Lehrstuhl für Kulturgeographie und Orientforschung an der Uni Erlangen inne hat und ein Einstiegsreferat zum Thema „Islam – eine kriegerische Religion?“ hielt. Mit ihm diskutierten die Teilnehmer auch über die Rolle der Frau in der arabischen Welt. „Das Kopftuch scheint in der westlichen Welt eine Art Generalsymbol für die Situation der muslimischen Frauen zu sein“, meinte Kopp, „dabei wäre es viel wichtiger, die Aufmerksamkeit auf den in einigen Regionen sehr hohen Analphabetismus zu lenken und die Ausbildungschancen für Frauen zu verbessern.“
Nicht genug differenziert
Bei dieser Debatte wurde besonders deutlich, dass die arabische Welt ungemein heterogen ist und Lebensumstände sich oft schon innerhalb eines Landes sehr unterscheiden. Generell von der arabischen Welt zu sprechen, ist wohl in kaum einem Themenbereich möglich. In westlichen Medien wird all zu oft nicht genug differenziert. Das bestätigten auch die beiden Gäste aus dem Jemen und Jordanien. „Es ist wichtig, dass unsere deutschen Kollegen unsere Situation kennen und verstehen“, betonte Suleiman Al-Qudah, derzeit Präsident der International Organisation of Journalists und seit drei Jahren Direktor des Al-Rai-Center for Research & Information bei der Jordan Press Foundation. „Wir benötigen Hilfe, denn in der Tat kämpfen wir in unserem Beruf mit den vielfältigsten Problemen.“ Wie in fast allen arabischen Staaten gibt es in Jordanien und dem Jemen offiziell den Passus der Pressefreiheit. Dennoch laufen kritische Journalisten Gefahr, zensiert oder gar verhaftet zu werden. „Um einen Journalisten aus dem Gefängnis zu helfen, habe ich mich mit in die Zelle gesetzt und mich sozusagen mitverhaften lassen“, berichtete Mahbub Ali. „In meiner Funktion als Vizepräsident der arabischen Journalistenföderation konnte ich die Medien auf mich lenken, der Kollege wurde frei gelassen.“ Journalisten im Jemen und in Jordanien verdienen oft sehr wenig, so dass sie gezwungen sind, einen oder zwei weitere Jobs anzunehmen. Einen Status als Journalist und einen Presseausweis erhält man nur, wenn man Mitglied der Journalistengewerkschaft ist und eine Prüfung abgelegt hat. 900 registrierte Journalisten arbeiten zur Zeit im Jemen, berichtet Mahbub Ali. Anders als in Deutschland gibt es also eine geschützte Berufsbezeichnung. Der Journalistenanwärter absolviert zunächst ein Praktikum, dessen Länge sich nach dem Grad seiner vorherigen Ausbildung richtet. Dieses Praktikum wird mit einer Prüfung der Gewerkschaft abgeschlossen, wo der zukünftige Journalist in seinem Spezialthema geprüft wird. Besteht er diese, darf er als Journalist arbeiten.
Das letzte große Thema des zweitägigen Seminars betraf die Finanzierung der Medien. Erst seit kurzer Zeit sind Funk- und Fernsehanstalten in Jordanien in der Hand von Privatunternehmen, bei Zeitungen ist dies schon etwas länger der Fall. Zum Teil besitzen Regierungen jedoch Aktienanteile, je nach Wichtigkeit des Mediums bis zu 60 %. Al Dschasira, einer der größten arabischen Fernsehsender und spätestens seit dem Afghanistan-Krieg auch im Westen bekannt, wird von Khatar finanziert. Auch wenn al-Dschasira als relativ kritisch gilt, ist über Khatar wenig Kritik zu finden.
Meinungsfreiheit
„Je ne suis pas d’accord avec vous mais je me battrai pour que vous puissiez vous exprimer.“ (Ich bin zwar nicht ihrer Meinung, aber ich würde dafür sterben, dass Sie sie aussprechen dürfen.)
Voltaire