Diskriminierung von Asylbewerbern

Verstoß gegen Trennungsgrundsatz: Firma sollte Veröffentlichungskosten übernehmen

Auf seiner Sitzung im März hat der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats zwei öffentliche Rügen ausgesprochen.

Die „Bild“-Zeitung erhielt eine öffentliche Rüge aufgrund eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot in Ziffer 12 des Pressekodex. Unter den Überschriften „Hier wohnt Bremens schlimmste Asyl-Familie“ und „Die Asylabzocker“ berichtete die Zeitung unter Bekanntgabe der kompletten Anschrift und der Veröffentlichung eines Fotos des Wohnhauses über eine 16-köpfige Asylbewerberfamilie. Der Familie wurde darin Asyl- und Sozialhilfebetrug unterstellt. In dem ersten Artikel wurde die Tatsache, dass die Mutter vom Gesundheitsamt wegen eines Traumas krankgeschrieben wurde, von der Zeitung als „juristischer Trick“ der Patientin gewertet, um eine Abschiebung zu verhindern. In dem zweiten Artikel wurde der Familie „Abzockerei“ vorgeworfen. In der Veröffentlichung derartiger Vorwürfe und sonstiger Umstände sah der Beschwerdeausschuss eine Diskriminierung der Familie.

Die Zeitschrift „Wirtschaftsforum“ erhielt eine öffentliche Rüge, da sie gegen den Trennungsgrundsatz in Ziffer 7 des Pressekodex verstoßen hat. In einem Schreiben hatte die Zeitschrift ein Unternehmen, von dem ein Firmenporträt veröffentlicht worden war, dazu aufgefordert, für die Illustration des Textes Veröffentlichungskosten zu übernehmen. Dies verstößt gegen den Trennungsgrundsatz, da die komplette redaktionelle Berichterstattung frei von finanziellen Gegenleistungen erfolgen muss. Nur so kann gewährleistet sein, dass die redaktionelle Veröffentlichung nicht von dritter Seite beeinflusst wird.

Drei Publikationen wurden ebenfalls aufgrund eines Verstoßes gegen die Ziffer 7 des Kodex missbilligt. So hatte z.B. eine Zeitschrift in einem Schreiben an potentielle Anzeigenkunden das Angebot gemacht, die Werbung so zu gestalten, dass der Leser sie als redaktionellen Beitrag wahrnimmt.

Eine Missbilligung erhielt eine Tageszeitung wegen eines Artikels über den Prozess gegen den als „Kannibalen“ bekannten Täter Armin M. Sie hatte sehr detailliert – unter anderem Einzelheiten der Zubereitung abgetrennter Körperteile als Essen – die Aussagen des Angeklagten zum Ablauf der Tat geschildert. Der Beschwerdeausschuss war jedoch der Meinung, dass diese Einzelheiten trotz des öffentlichen Prozesses nicht veröffentlicht werden dürfen. Er sah hierin einen Verstoß gegen die Ziffer 11 des Pressekodex, der den Verzicht auf eine „unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität“ verlangt. Ebenso sei der Schutz der Jugend in der Berichterstattung zu berücksichtigen.

Der Ausschuss behandelte insgesamt 42 Beschwerden. Neben den zwei Rügen wurden zwölf Missbilligungen und acht Hinweise ausgesprochen. Eine Beschwerde war begründet, jedoch wurde von einer Maßnahme abgesehen, da die Zeitung den Sachverhalt von sich aus und in öffentlicher Form direkt berichtigt hatte. 14 Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen.

Weitere aktuelle Beiträge

Hartes Brot: Freie im Journalismus

Freie Journalist*innen oder Redakteur*innen haben es häufig nicht leicht: Sie werden oft schlecht bezahlt, nicht auf Augenhöhe behandelt, Mails und Anrufe werden zuweilen ignoriert, sie warten auf Rückmeldungen zu Themenangeboten, Redaktionen sind in manchen Fällen für sie nicht zu erreichen. So geht es vielen Freien, egal, welches Medium.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »

Medienkompetenz: Von Finnland lernen

Finnland ist besonders gut darin, seine Bevölkerung gegen Desinformation und Fake News zu wappnen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schulen, aber die Strategie des Landes geht weit über den Unterricht hinaus. Denn Medienbildung ist in Finnland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf vielen Ebenen in den Alltag integriert ist und alle Altersgruppen anspricht. Politiker*innen in Deutschland fordern, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Kann das gelingen?
mehr »

Beim Tatort selbst ermitteln

Ein Zocker sei er nicht. So sagte es Kai Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks (SWR), als er im August vorigen Jahres auf der Gamescom in Köln zu Gast war. Am ARD-Stand hat sich der damalige Vorsitzende des Senderverbunds dennoch zum Zocken eingefunden, zu sehen auch im Stream auf der Gaming-Plattform Twitch. Erstmals hatte die ARD einen eigenen Auftritt auf der weltweit größten Messe für Computer- und Videospiele – ein deutliches Signal, dass die ARD auch auf Games setzt. Und das hat maßgeblich mit dem SWR zu tun.
mehr »