Ein Meister in Bild und Ton

Neue Fortbildung für die AV-Branche ab Sommer dieses Jahres

Jedes Jahr gehen rund 1.800 junge Menschen in den Ausbildungsberuf Mediengestalter Bild und Ton, etwa 100 fangen eine Ausbildung zum Film- und Video-Editor an. Sie arbeiten in großen öffentlich-rechtlichen oder privaten Sendern, aber auch in ganz kleinen Firmen zur Filmproduktion. Für sie alle gibt es demnächst eine neue Chance zur Fortbildung: den Geprüften Meister Medienproduktion Bild und Ton.


Bisher gab es die Fortbildung zum Medienfachwirt, doch der erschien vielen AV-Unternehmen nicht besonders attraktiv, weil die Ausbildungsanteile in den kaufmännischen und dienstleistungsorientierten Anteilen zu groß gewesen seien. Es sollte technischer werden. Wie immer, wenn eine neue Ausbildung und Prüfungsordnung konzipiert oder ein Beruf an die aktuellen technologischen Gegebenheiten angepasst werden soll, setzen sich die Experten aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), dem Bildungsministerium, der Industrie- und Handelskammer und den Ausbildern der Branche zusammen, um über die Neueinführung oder die Reformen zu beraten.
Grundlage für die Einführung des Geprüften Meisters Medienproduktion Bild und Ton war eine Umfrage des BIBB bei 20 Unternehmen, von großen Sendern bis hin zu Kleinbetrieben, um zu erfahren, welche Fortbildung dort als sinnvoll angesehen würde. Die Ergebnisse lagen im April 2010 vor: Gewünscht wurde „eine Führungskraft der mittleren Ebene“, die selbstständig Produktionen berechnet und leitet, die junge Leute ausbildet und auch in der Personalführung geschult ist. Für Gerald Mechnich vom Referat Ausbildung und Weiterentwicklung Ausbildungsberufe im Norddeutschen Rundfunk und für ver.di in dem Gremium zur Neuordnung war diese Umfrage eine wesentliche Basis für die weitere Arbeit, denn nun mussten eine Prüfungsordnung und ein Rahmenlehrplan erarbeitet werden, was Mechnich aus Erfahrung als „etwas mühsam“ umschreibt.
Die Prüfungsordnung wird nun „im Laufe der ersten Jahreshälfte“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, erklärt Wolfgang Bischoff, im Bundesbildungsministerium zuständig für „Ordnung und Qualitätssicherung der beruflichen Bildung“. Ursprünglich war der 1. Mai angepeilt worden, doch die notwendigen Absprachen mit dem Wirtschaftsministerium verzögerten die Veröffentlichung. Der Rahmenlehrplan wird im Sommers folgen. Dann wird sich zeigen, ob diese neue Meisterausbildung, die Mechnich auf rund 1040 Stunden veranschlagt, den Fortbildungsbedarf der Mediengestalter und der AV-Unternehmen besser trifft als der Medienfachwirt. Wenn es gut laufe, könnten jährlich bis zu 70 Mediengestalterinnen und Mediengestalter Interesse an dieser Meisterausbildung haben, meint Gert Zinke vom BIBB.
Günter Wenk, Fachgebietsleiter Aufnahme Film und Fernsehen bei der ARD-ZDF-Medienakademie in Nürnberg und ebenfalls als einer von mehreren ver.di-Mitgliedern von Beginn an bei der Berufskonzeption dabei, schätzt die Ausbildungskosten für die angehenden Meister auf eine ähnliche Höhe wie im Handwerk, nämlich bis zu 15.000 Euro. Doch wenn, wie beim Industriemeister, neben den Präsenzphasen auch Module als Fernlehrgang, als E-Learning, eingebaut würden, könnten die Kosten um einiges niedriger sein. Insgesamt werden Kandidatinnen und Kandidaten wohl rund zwei Jahre mit dieser Fortbildung beschäftigt sein, meint Wenk. Welche Ausbildungseinrichtungen den neuen Meister dann in ihr Programm aufnehmen werden, ist allerdings noch offen.
Für Andreas Fröhlich, ver.di-Tarifsekretär im Fachbereich Medien, Kunst und Industrie, ist der „Prozesscharakter“ der neuen Ausbildung besonders attraktiv. Der offenbart sich vielleicht am besten, wenn man sich die Beispiele für die Prüfungsaufgaben anschaut: So soll der Prüfling als Leiter der mobilen Produktion eines fiktiven TV-Dienstleisters den Einsatz von über 60 Mitarbeitern mit fünf Ü-Wagen und einem gesondertem Uplink-Fahrzeug organisieren, Betriebs- und Belegungskonzepte entwickeln und Mitarbeitergespräche im Rollenspiel bewältigen. „Soziale Kompetenzen sind für mich als ver.di-Vertreter besonders wichtig“, erklärt Wenk, „deshalb habe ich dieses Rollenspiel für die Prüfung entwickelt.“ Die Eignung als Ausbilder muss er oder sie allerdings in einer eigenen Prüfung bei einer staatlich anerkannten Einrichtung nachweisen.
Gedacht ist diese Ausbildung zum Meister auch als ein „Gegengewicht“ zu den vielen Medienstudiengängen in diesem Bereich. „Wir wollen die duale Ausbildung stärken“, betont Mechnich. Die Absolventen der Medien-Studiengänge hätten häufig zu wenig Praxiserfahrung, sagt der Mann, der die technische Ausbildung im NDR seit 1995 leitet. Andererseits hält er ein Studium nach der Meisterprüfung für eine gelungene Kombination.
Nach der Prüfungsordnung und dem Rahmenlehrplan soll eine Broschüre alle Vorzüge und Ansprüche des neuen Meisterberufs Medienproduktion Bild und Ton darstellen. Wie viele Mediengestalterinnen und Mediengestalter, Unternehmen und Bildungsinstitute diese Fortbildung dann ebenso attraktiv finden wie Gewerkschaftssekretär Fröhlich, wird sich zeigen.

 

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