Gesetzgeber gefordert: Arbeitslosenversicherung für Selbständige
Auf der Bundeskonferenz nach kurzer Debatte einstimmig verabschiedet: Die Aufforderung des Hamburger dju-Ortsvereins an die ver.di-Spitze, sich massiv dafür einzusetzen, dass die Künstlersozialkasse (KSK) endlich um eine entscheidende Säule der Sozialversicherung erweitert wird, die Arbeitslosenversicherung.
Schriftstellern dient er als beliebter Handlungsträger, bayerischen Politikern als Schimpf: der arbeitslose Journalist. Mutig und unverschämt, unterversichert in allen Lebenslagen, neuerdings immer zahlreicher werdend. Von den fünf Säulen staatlich garantierter Sicherheiten gelten für ihn bzw. sie in der KSK nur drei: die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Unfall- und Arbeitslosenversicherung fehlen.
„Für selbstständige Künstler und Publizisten gibt es bis heute keine soziale Absicherung für den Fall des Ausbleibens von Arbeitseinkünften, also Auftragsrückgang oder Forderungsausfall. In dieser Situation, wenn das Mindesteinkommen unterschritten wird, endet die Sozialversicherung“, beklagte dju-Justiziar Wolfgang Schimmel bereits vor Jahren. Das muss sich ändern.
10.000 arbeitslose Journalisten
ver.di geht mittlerweile von 10.000 arbeitslosen Journalistinnen und Journalisten aus – eine berufsbedingte Arbeitslosenquote von etwa 14 % mitten in der Branchenkrise. Der Statistik des Arbeitsamtes zufolge erhalten höchstens 3.000 Arbeitslosengeld. Gut 20.000 freie Journalisten sind bei der KSK versichert.
Arbeitslos? Als Journalist? Noch dazu als freier? Geht das überhaupt? „Selbständige können ihren Arbeitsplatz nicht verlieren“, stellte die Bundesregierung in ihrem Bericht zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler 2000 kategorisch fest. Geschenkt, nur leben lässt sich nicht davon. Aber weil letztlich jeder selbst bestimmen könne, wann die miserable Auftragslage der Arbeitslosigkeit gleichzusetzen ist, seien „Manipulationen nicht zu vermeiden“. Zudem könne das Arbeitsamt „nicht auf eine schnelle Beendigung der ‚Arbeitslosigkeit‘ hinwirken“ – wie andernorts?
Damit aber bestehe die „Gefahr, dass die Arbeitslosenversicherung bei einer solchen Regelung zur Überbrückung einer (vorübergehend) schlechten Auftragslage genutzt werden könnte.“ Der legale Regelfall für ehemals fest angestellte Kollegen soll für hauptberuflich vom Schreiben (Malen, Musizieren) lebende KSK-Versicherte nicht gelten dürfen, auch nicht für frisch entlassene Volontäre. Ein gewisses Maß an Nebeneinkünften kann ja jeder Leistungsbezieher haben, solange er bereit ist, davon die Hälfte dem Amt abzugeben.
„Schwierige Abgrenzungsprobleme“, das Fehlen von „prüffähigen Kriterien“ für den Zeitpunkt des Beginns der Arbeitslosigkeit – diese vorgeblich unüberwindbaren Schwierigkeiten blockierten 2000 jede nähere Befassung. Lösungen oder Alternativen zu entwickeln, wäre Aufgabe des Gesetzgebers. Wenn der es nicht schafft, muss ver.di ihm auf die Sprünge helfen.
Plötzlich finanzierbar
Einen durchschnittlichen Schreiberling, der der KSK ein jährliches Einkommen von knapp 14.000 e meldet, würde die Arbeitslosenversicherung monatlich rund 37 e kosten. Dafür käme er im Fall des Falles auf gut 500 e Arbeitslosengeld und wäre ABM- und Fortbildungs-förderfähig. Umschulung statt putzen oder Taxi fahren, der Ausstieg aus dem Traumberuf, wie ihn so manche und mancher derzeit proben, wäre plötzlich finanzierbar. Qualifizierte Weiterbildung, erst recht eine echte Fortbildung für arbeitslose, sprich: auftragsschwache Freie führt meist unmittelbar zum Ausbau der Geschäftsbeziehungen. Sollte diese Binsenweisheit heute etwa nicht mehr gelten, wie es Hamburgs Wirtschafts- und Gute-Laune-Senator Gunnar Uldall (CDU) gegenüber der dju unlängst vertrat?
Die Erweiterung der KSK um die Säule der Arbeitslosenversicherung würde den Bund ca. 17 Mio. Euro kosten. Auf die gut 40.000 abgabepflichtigen Verwerter käme im Schnitt ein zusätzlicher Betrag von jährlich gut 600 e zu – Peanuts, für die es sich zu streiten lohnt.