Freie Netzwerker im Erfahrungsaustausch

Jonet-Tag in der Alten Hamburger Börse: Aus der virtuellen Anonymität herausgelockt

„Die Wüste lebt.“ Unter diesem Motto hatten die Initiatoren des Journalisten-Netzwerkes Jonet eingeladen. Um über das Thema: „Neue Chancen für den Journalismus“ zu diskutieren, reisten über 150 überwiegend freiberuflich arbeitende Journalistinnen und Journalisten – auf eigene Kosten – selbst aus den hintersten Ecken der Republik nach Hamburg.

Der „Netzwerktag“ genannte Austausch geriet zum Treffen „alter Bekannter“, die sich allerdings meist nur virtuell – durch mehr oder minder wortgewaltige Mails auf der gemeinsamen Jonet- Mailingliste – kannten. In der Alten Hamburger Börse gab’s dann Gesichter zu den Namen.

Gemeinsame Akquisition

Und es gab Erfahrungsaustausch satt: über den Berufsalltag, über Nischen und Qualitätsjournalismus, über Weiterbildungsnotwendigkeiten und Arbeitsstrukturen in Zeiten der Krise. Dass Zusammenschlüsse virtueller Art oder Bürogemeinschaften – kurz: kleinere oder größere Netzwerke – gerade auch in diesen Zeiten das berufliche Überleben besser absichern, machten Kollegen bei der Vorstellung ihrer verschiedenen, in jedem Fall aber vernetzten Arbeitsformen deutlich. Die Zusammenarbeit reicht von der gemeinsamen Akquisition bis zu agenturähnlichen Vermarktungsformen oder gar – die Wettbewerbshüter werden den Namen fast als Provokation sehen – selbstbewusst zu einem „cartel virtuel“, zu dem sich Computerjournalisten zusammengeschlossen haben.

Aufträge lieber an Büros

Ein eindrucksvolles Argument zum Ausstieg aus der Solo-Arbeit in die eine oder andere Form eines Netzwerks lieferte Michael Klein, ehemaliger Chefredakteur der PC-Welt: „Große Aufträge wie Titelgeschichten oder Beilagen vergibt man nicht an Einzelne. Die habe ich immer lieber an Redaktionsbüros vergeben. Da kann ich Qualität erwarten. Und: mir kann als Auftraggeber nicht passieren, dass die Seiten wegen einer ‚Schreibblockade‘ oder einer schweren Grippe eines Einzel-Autors leer bleiben.“

Fazit: Ein Tag (inklusive Vorabend mit gemeinsamem Umtrunk), der dem Netzwerk-Anspruch rundum gerecht wurde. Und dass daran noch weit größerer Bedarf besteht, wird daran deutlich, dass gern noch hundert weitere Interessierte gekommen wären.

Tipp:

Im November wird auf der Seite http://www.jonet-tag.de eine Dokumentation zum Netzwerktag eingestellt.

In der «M» 11 / 2003  werden einige Netzwerke vorgestellt.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Riesa: Einschränkung der Pressefreiheit

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beobachtete am vergangenen Samstag die Demonstrationen in Riesa rund um den AfD-Parteitag. Ziel der Beobachtung war der Schutz der Presse- und Berichterstattungsfreiheit sowie der Aufdeckung potenzieller Gefährdungen für Journalist*innen. Insgesamt mehr als sieben Stunden war die dju während der zahlreichen Demonstrationen vor Ort. Die Gewerkschaft übt nun insbesondere gegenüber der Polizei Kritik am Umgang mit Journalist*innen und an der Einschränkungen der Pressefreiheit während des Einsatzes.
mehr »

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »