ver.di sieht einen Teil der Verantwortung für das Debakel um die fälschlicherweise entzogenen Akkreditierungen auf dem G20-Gipfel in Hamburg weiterhin auch beim Bundespresseamt (BPA) und hat sich mit einem weiteren Brief an Regierungssprecher Steffen Seibert gewandt. Darin fordert die Gewerkschaft auch eine Antwort darauf, in welcher Form Erkenntnisse ausländischer Behörden einen Teil zum Entzug von Akkreditierungen beigetragen haben.
„Das Bundespresseamt entscheidet letztlich über die Erteilung oder den Entzug von Akkreditierungen an Journalisten. Es darf Sicherheitserkenntnisse der Behörden nicht einfach ungeprüft übernehmen, das gebietet die Sorgfaltspflicht angesichts der Berufsausübung von Journalisten im Rahmen der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit. Es geht jetzt um die lückenlose Aufklärung der vergangenen Vorfälle aber auch darum, dass das Bundespresseamt ein verbindliches Verfahren findet, um derartige Fehler und schwerwiegende Beeinträchtigungen für Journalisten in Zukunft zu vermeiden. Die betroffenen Gewerkschaften müssen in diesen Klärungsprozess einbezogen werden“, sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke heute in einer Pressemitteilung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di).
Zuvor war in einigen Fällen bekannt geworden, dass die Sicherheitserkenntnisse, die zum Entzug von Akkreditierungen führten, auf fehlerhaften Angaben, Verwechselungen oder auch langjährigen und damit offensichtlich rechtswidrigen Speicherungen von Daten in sogenannten Verbunddateien der Sicherheitsbehörden beruhten.
So hatte zuerst der NDR am 18. August berichtet, dass etwa dem Journalisten Frank Bründel durch das Bundeskriminalamt (BKA) mitgeteilt worden sei, beim Entzug seiner Akkreditierung habe es sich um einen Fehler der Behörden gehandelt. Demnach habe das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz das BKA fälschlicherweise darüber informiert, Bründel hätte an einer „Revolutionären 1.Mai-Demonstration“ teilgenommen und gehöre daher einer gewaltbereiten Bewegung an oder unterstütze diese nachdrücklich.
Danach wurden weitere Fälle wie der des Fotografen Florian Boillot bekannt, dessen Name trotz eines Freispruchs nicht aus einer Verbunddatei gelöscht worden war, weswegen er seitdem in der Datei „Gewalttäter Links“ geführt wurde. Auch dem Fotojournalisten Chris Grodotzki war im Rahmen des G20-Gipfels seine Akkreditierung entzogen worden, weil er zum Einen aufgrund einer Plakataktion für eine Umweltschutzorganisation in der Verbunddatei „politisch motivierte Kriminalität“ gespeichert war und zum anderen nach einer Reise des Journalisten in die Türkei ein Eintrag durch das BKA vorgenommen wurde, der teilweise auf Einschätzungen türkischer Sicherheitsbehörden beruhte.
ver.di fordert nun in ihrem Brief an BPA-Chef und Regierungssprecher Steffen Seibert Aufklärung unter anderem darüber, ob das Amt in irgendeiner Form – und wenn ja, welcher – die vorliegenden Angaben der Sicherheitsbehörden einer eigenen Prüfung und Einschätzung unterzogen habe und in welcher Form Erkenntnisse ausländischer Behörden einen Teil zum Entzug von Akkreditierungen beigetragen haben.
Die Gewerkschaft hat insgesamt acht betroffenen Journalisten Rechtsschutz gewährt und unterstützt ihre Mitglieder mit einer sogenannten Fortsetzungsfeststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Damit soll die Rechtmäßigkeit des Vorgehens durch das zuständige Bundespresseamt geklärt werden, das letztlich für den Entzug der Akkreditierungen verantwortlich zeichnet.