INA und DLF küren vergessene Nachrichten

Foto: Pixabay/ Montage: screenshot derblindefleck.de

Während Epidemien zunehmend globale Ausmaße annehmen, immer weniger Eltern ihre Kinder impfen lassen und Krankenhäuser verstärkt gegen multiresistente Erreger kämpfen, gibt es in Deutschland keine Facharztausbildung für Infektiologie. Ein Thema für die Medien – möchte man meinen. Tatsächlich wurde darüber kaum berichtet. Die Meldung gehört zur Liste der vergessenen Nachrichten der letzten zwölf Monate, die heute in Berlin vorgestellt wurde.

Seit 2015 machen die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) und die Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks mit dieser Liste einmal im Jahr auf vernachlässigte Themen und Defizite in der Berichterstattung aufmerksam. Welche Nachrichten in den zwölf Monaten zuvor am meisten vernachlässigt wurden, entscheidet dabei eine Jury aus Medienwissenschaftler*innen, Journalist*innen und Expert*innen. Vorschläge einsenden kann jede*r Bundesbürger*in. „Wir bitten alle, die sich über ein medial vernachlässigtes Thema Gedanken machen, die Initiative zu ergreifen und es uns über unsere Website als Themenvorschlag zuzusenden. Dieses Engagement ist wichtig für unsere Arbeit“, appelliert Marlene Nunnendorf, Sprecherin der INA. Bereits jetzt können hier schon vernachlässigte Nachrichten für das kommende Jahr vorgeschlagen werden. Die Themenvorschläge werden dann von studentischen Rechercheteams an verschiedenen Hochschulen im ganzen Bundesgebiet überprüft und dann der Jury vorgelegt.

Zu den weiteren Themen, die es im vergangenen Jahr trotz hoher Relevanz nicht in die Medien geschafft haben, gehört auch das gescheiterte EU-Programm „Europa 2020“ auf Platz Zwei. In der Europäischen Union sind mehr als 20 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Mit „Europa 2020“ sollten innerhalb von zehn Jahren 20 Millionen EU-Bürger*innen aus der Armutsfalle befreit werden. Doch nicht zuletzt, weil diese von der wirtschaftlichen Erholung der letzten Jahre kaum profitiert haben, wurde dieses Ziel nicht erreicht.

Außerdem auf der Liste: das Outsourcen hoheitlicher Aufgaben an private Sicherheitsdienste, die als Polizeiersatz fungieren, fehlende Tierethik in der Lebensmittelindustrie oder Sexismus im deutschen Brauchtum. Die komplette Liste gibt es auf der Seite der Initiative Nachrichtenaufklärung www.derblindefleck.de sowie auf www.deutschlandfunk.de/nachrichten.

Am 08. Mai 2020 veranstaltet die INA gemeinsam mit der DLF-Nachrichtenredaktion und der Hochschule Bonn-Rhein-Seig das 6. Kölner Forum für Journalismuskritik und verleiht auch zum sechsten Mal den Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik.


M – Der Medienpodcast: einzigartig anders, denn wir fragen genauer nach

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von SoundCloud. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Der Rotstift beim Kinderfernsehen

ARD und ZDF halten es nicht für sinnvoll, wenn die Bundesländer im Reformstaatsvertrag einen fixen Abschalttermin für das lineare Programmangebot des Kinderkanals KiKa festlegen. Die lineare Verbreitung zu beenden, sei „erst dann sachgerecht, wenn die weit überwiegende Nutzung eines Angebots non-linear erfolgt“, erklärten ARD und ZDF gemeinsam auf Nachfrage. „KiKA bleibt gerade für Familien mit kleinen Kindern eine geschätzte Vertrauensmarke, die den Tag linear ritualisiert, strukturiert und medienpädagogisch begleitet.“
mehr »

Journalismus unter KI-Bedingungen

Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz stellen Medienschaffende vor neue Herausforderungen. „KI, Big Tech & Co. – was wird aus dem Journalismus?“ lautete folgerichtig der Titel der 11. Medienpolitischen Tagung von ver.di und DGB am 16. Oktober in Berlin. Über 80 Wissenschaftler*innen, Rundfunkräte und Journalist*innen informierten sich auch über den aktuellen Stand der Debatte über den neuen Medien“reform“staatsvertrag.
mehr »

NRW: Zusammenschluss im Zeitungsmarkt

Die Konzentration im NRW-Zeitungsmarkt, insbesondere in der Region Ostwestfalen-Lippe (OWL), setzt sich fort. Die Neue Westfälische und das Westfalen-Blatt streben eine Kooperation an. Auch die Lippische Landes-Zeitung und das Mindener Tageblatt planen, ihre Verlagsaktivitäten künftig in einer gemeinsamen Holding zu bündeln.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »