dpa-Chefredaktion kritisiert Studie quantitativ und methodisch
Gegen das, was die Autoren Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz auch auf Basis von Meldungen aus dem dpa-Basisdienst in ihrer Studie analysierten und an Schlussfolgerungen auflisteten, zieht die Chefredaktion der Agentur zu Felde. In der Studie zur Berichterstattung über die Finanzkrise würden „zahlreiche falsche und irreführende Behauptungen über die Berichterstattung der dpa aufgestellt“. Ein knapp fünfseitiges dpa-Dossier Medien vom 10. März 2010 dokumentiert die Kritik.
Die Agenturchefs wehren sich zuerst gegen den Vorwurf, dpa habe in der Berichterstattung über die Finanzmarktkrise, ihre Ursachen und Folgen nicht genügend eingeordnet und erklärt. Zu einem solchen Ergebnis hätten die Autoren der Studie zwangsläufig kommen müssen, weil sie in ihren Analysen „unverständlicherweise jedwede einordnende und hintergründige Berichterstattung der dpa vollständig“ ausgeschlossen hätten. Gespräche, Korrespondentenberichte, Hintergründe oder Chronologien, „mit denen dpa die zentrale journalistische Aufgabe der Orientierung und Einordnung erfüllt, wurden ausdrücklich nicht untersucht“, heißt es. Die Chefredaktion bemängelt zudem sowohl die Konzentration auf 16, „von den Autoren vollkommen willkürlich“ ausgewählte Ereignisse in einem „auf zehn Jahre“ ausgedehnten Zeitraum als auch die Untersuchungsbasis. Hier tönt es ganz scharf: Aus der „ohnehin dünnen Grundgesamtheit“ von 212 Meldungen – ausgewählt aus mehr als 2,5 Millionen produzierten – würden in der Studie „wieder nur ‚passende’ Passagen zitiert“. Dieses Vorgehen ließe die Autoren „zu dem augenscheinlich gewünschten Ergebnis“ kommen, das der dpa bescheinige, „selektiv mit Quellen und Themen umzugehen“.
Dem Vorwurf, in dpa-Meldungen seien schlechte Nachrichten „mit Beruhigungsformeln relativiert“ worden, hält die Chefredaktion die grundsätzliche Pflicht der Agentur entgegen, „jeweils alle möglichen Positionen zu Wort kommen zu lassen“. Es sei „naiv“ anzunehmen, dpa hätte „investigativ quasi als Frühwarnsystem Trends und Gefahren auf den hochkomplizierten, global verwobenen und hochgradig diskreten Finanzmärkten aufspüren“ können. Die Redaktionschefs machen geltend, dass bereits im März 2007 mit dpa-Berichten aus New York auf eine „Krise am US-Immobilienmarkt aufmerksam gemacht“ und die Gefahr eines Übergreifens auf den gesamten Kreditmarkt und die US-Konjunktur überhaupt thematisiert worden sei. Einzelne dpa-Gesprächspartner hätten alsbald von einer „Spitze des Eisbergs“ gesprochen. Um „den Überblick zu behalten“, seien Entwicklungen zügig „in anderen Formaten, etwa Chronologien, zusammengefasst“ worden, Berichterstatter in Deutschland und den USA hätten frühzeitig zusammengearbeitet: „Schon vor der Lehmann-Pleite wurde der Bogen zu den möglichen Konsequenzen gezogen.“ Die Studie unterschlage, so das Dossier weiter, zusammenfassende Aussagen und „Kommentare unabhängiger Wissenschaftler“. Auf die „gefährliche neue Dimension der Krise“ habe dpa ebenso hingewiesen wie später, im September 2009, Hintergründe in einem ausführlichen Themenpaket dargestellt. „All dies“, so kulminiert die dpa-Kritik, hätte von Arlt/Storz umfassend analysiert werden können, „wenn es denn wirklich um eine fundierte Studie gegangen wäre“.